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[   Band 3 Brief 58:    Caroline an Humboldt     Rom, 1. April 1809   ]


58. Caroline an Humboldt           Rom, 1. April 1809

Ich habe Dir vorigen Posttag nicht geschrieben, woran das
Miserere Schuld war, aus dem ich zu spät und mit
anderen Leuten nach Hause kam, die dann bei mir blieben,
weshalb ich Dich, teuerstes Herz, recht sehr um Verzeihung bitte.
Der gestrige Posttag brachte mir endlich wieder Briefe von Dir.
Nummer 29 fehlt mir noch. Ich vermute aus einer Stelle Deines
Briefes, daß darinnen einer für Zoëga liegen wird. Es hat so
etwas tief Bewegendes für mich in dem Gedanken gelegen, daß Du
ihn solange lebend noch denken mußtest, wie er schon nicht mehr
war. Ich höre jetzt von Akerblad *), der seit sechs Tagen hier an-
gekommen ist, daß Zoëga oft gegen ihn geäußert hat, er wolle bei
der Pyramide begraben sein. Sein Wunsch, den er meines Wissens
gegen niemand sonst geäußert hat, ist nicht erfüllt worden. Er ist
in die dunkle Kirche St. Andrea delle Fratte beigesetzt worden
und nach Jahren kommt einmal gewiß auch wieder eine dunkle
Nacht, wie die war, wo wir die vielen Särge auf dem Platz ver-
brennen sahen. Erinnerst Du Dich wohl? Aber dann sind auch
wir nicht mehr da. Mögen wir nur bei der Pyramide liegen!
Ich schrieb Dir, glaube ich, nicht von der Beleuchtung der
ganzen Stadt am 20. und 21., dem Fest der Thronbesteigung des
Papstes. Sie hatte durch ihre Allgemeinheit wirklich etwas
Rührendes. Kein Winkelchen, kein Gäßchen war unerleuchtet ge-
blieben. Piazza Navona war das Brillanteste. Die Fontana Trevi
hatten die Facchini des Platzes erleuchtet und dazu Beiträge von
den Vorübergehenden eingesammelt und mit großer Gewissen-
haftigkeit dazu verwendet. Ebenso hatten es die Facchini des
spanischen Platzes gemacht und die Treppe sah sehr abenteuer-
lich aus.

———
*) Siehe S. 108.

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