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[ Band 3 Brief 26: Humboldt an Caroline Erfurt, den 24. Dezember 1808 ]
glättet, weiß mit schwärzlichen Blumen, aber ein Schnitt, wie selbst Papas uralte Haushälterin versicherte, wie er seit 50 Jahren nicht mehr getragen werde. Daß es von einer Ureltermutter her- stammt, darüber ist kein Zweifel, aber weder Dunker *) noch Papa getrauen sich, etwas über die Abkunft zu bestimmen, es geht über alles Gedenken lebender Menschen hinaus. Was ich aber eigentlich suchte, die Briefe, habe ich nicht gefunden, und bin ge- wiß, daß sie nicht mehr hier im Hause existieren. Dagegen habe ich ein Buch von Briefen an Dich bis 1784 und 1786 gefunden von einer Sophie Becker, Cousinen und so fort, das ich mit großem Vergnügen durchlesen habe. Du armes, gutes Kind hast darin so viel, wie man aus den Antworten sieht, von der Tugend ge- schrieben. Man sieht, daß Du grundgut und viel klüger, als alle die gewesen bist, an die Du schreibst. Du lebtest unter lauter heterogenen, entsetzlichen Gestalten, und bildetest schon da Dir einen eigenen Kreis, eigene, unabhängige Empfindungen. Es ist mir ordentlich mit einer Art Bedauern aufgeschossen, daß dies bei der Li, eben weil wir vorurteilsfreier, und dem, was sie werden soll, ähnlicher sind, nicht der Fall sein kann. Es scheint so unendlich schwerer, daß das Gute aus der Harmonie, als aus dem Kontrast hervorgehe; die Tiefe wird wirklich fast nur durch Einengung be- wirkt, und nur zu eigenem Trost und zur Rettung der Natur muß man annehmen, daß es unter anderen Umständen auch andere Wege des Heils gibt. Auf die Szene der Garderobe folgte eine andere, nicht minder sonderbare. Dunker hat, wie Du weißt, ein Inventarium aller möglichen Sachen im Hause. In diesem wird ab und an zuge- geschrieben. Papa aber hat seit zwei Jahren nicht Hand hieran legen wollen, und Dunker bat mich, das große Werk zu über- ——— *) Siehe S. 16. 51