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[ Band 3 Brief 10: Humboldt an Caroline Erfurt, den 12. November 1808 ]
möglich ist. Er ist allerdings schwach, indes nur, soviel ich gestern habe sehen können, an den Füßen. Wenn er sitzt, ist er eigentlich wie sonst und spricht gleich viel und mit gleicher Munterkeit. Im Innern ist er ganz wie sonst. Er hat mir gleich von allen alten und neuen Ereignissen erzählt, immer mehr von Staatsangelegen- heiten, als von Familiensachen gesprochen, und mir noch denselben Abend Akten mitgegeben. Sein Projekt ist, daß ich alle die Akten- schränke durchsehen, dann in Begleitung Dunkers *) und einer Köchin die Reise um die Welt nach Rudolstadt, Halle, Burgörner, Auleben usw. machen, und nachher zurückkommen und wieder mit ihm sprechen, und endlich nach Berlin gehen soll. Ich habe bis jetzt zu allem »Ja!« gesagt, denke aber wohl, die Sache abzukürzen. Sei ja nicht bang, daß wir nicht gut miteinander fertig würden. Er soll gewiß mit mir zufrieden bleiben. Ich wohne, liebe Seele, in der ersten der oberen Stuben, der mit dem ewig blutenden Hirsch, wir schlafen in unserer Braut- kammer. Ach! wie erinnert mich alles so süß und so weh an Dich, einzig geliebtes Kind. Tausend kleine Umstände sind mir gegen- wärtig und alle rufen mir Deine ewige, sich immer gleiche Güte zurück. Wenn ich Dich nur recht glücklich mache und Dich in nichts kränke! Glaube mir sicherlich, daß ich bei allem, was ich tue und sinne, keinen anderen Gedanken als den habe. Diese Stube ist aber auch das einzige, was ich mit Theodor im Hause haben kann, denn die anderen daneben hat ein französischer Obristleutnant, was Theodor, der an die Gesandtschaftsgröße gewöhnt ist, gar nicht gefällt. Wie wir den Abend hinaufkamen sagte er mir ganz leise: Quel forestiere là, è brutta cosa. **) Ich, weißt Du, brauche aber weder viel Bequemlichkeit, noch viel Stille, und wenn Theodor ——— *) Sekretär des Präsidenten v. Dacheröden. **) Der Fremde ist ein schlimmes Ding. 16