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[ Band 2 Brief 119: Humboldt an Caroline Rom, 27. November 1804 ]
ist. Seitdem um Toskana des Gelben Fiebers wegen ein Kordon gezogen ist, kommen die französischen Posten höchst unordentlich an. Ende voriger Woche war der letzte Brief, den ich von Dir hatte, der vom 21. Oktober. In dem steht noch nichts, nicht einmal von Krankheit der Kleinen. Sonntag früh saß ich ganz ruhig und las Dänisch mit Gierler, da ich es seit einiger Zeit gelernt habe. Ich bekam die Briefe der mailändischen Post und einen von Papa, und wie ich ihn öffne, sehe ich eine Antwort Dunkers *) auf Deinen Brief, der die Todesnachricht erhalten hat. Dieser Brief soll vom 22. gewesen sein, oder wie Dunker schreibt vom 23. Ist nun die arme Kleine so plötzlich gestorben, oder hast Du mir ihre Krankheit aus zärtlicher Sorgfalt verborgen gehalten? Noch schwebe ich hierüber in gleicher Ungewißheit, denn, ob ich gleich Deine beiden Briefe vom 5. und 12. habe, so fehlt ein früherer, in dem Du mir vermutlich alles umständlich schreibst. Diese ganze Post ist noch ausgeblieben und kommt vermutlich erst Ende dieser Woche. Doch weiß ich wenigstens jetzt, daß Du leidlich wohl bist. Ich fürchtete die ge- waltsame Art, mit der Du hast aufhören müssen zu stillen. Die Recke und andere sehen einen Trost darin, daß ich die arme Louise nie gesehen habe, und Du wirst fühlen, daß gerade das den Schmerz bitterer macht. Ich habe kein Bild, auf dem ich im inneren Schrecken des Kummers ruhen könnte, keins, wo sich meine Phantasie mit der Deinigen begegnen könnte. Die wir immer und überall so eins gewesen sind, so auf dieselbe Weise empfunden und gedacht haben, wir müssen hierin geschieden sein. Auch ist es ein hartes Schicksal, daß ich keins der Kinder, die ich verlieren soll, kann sterben sehen. Ich habe nun mit allen so unzertrennlich ge- lebt, sie sind mir immer so nah gewesen, und in dem entscheidenden Augenblick stellt sich nun zum zweitenmal der Zufall zwischen mich ——— *) Vgl. S. 123. 280