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[   Band 2 Brief 16:    Humboldt an Caroline    Erfurt, 3. April 1797   ]


mindesten Ansprüche darauf, daß Du hierher kommen sollst, so daß
Du von dieser Seite nichts zu besorgen hast. Aber er wird von
Tag zu Tage schwächer. Vorzüglich glaubst Du nicht, wie schlecht
es in der Konversation mit den Lambertis mit dem Französischen
fortgeht. Diese Karikaturen der deutschen und französischen Natur
gegeneinanderüber zu sehen, war mir wirklich einen Augenblick inter-
essant. Wie ihm die Lambertis schmeicheln, davon hast Du keinen
Begriff. Bis auf den alten Stockman *) vernachlässigen sie niemand
mit ihren Höflichkeiten; sonst kommt einem so etwas nur auf dem
Theater vor. Über die Reise zu reden war gestern eine recht gute
Gelegenheit. Die Lamberti fragte mich in Papas Gegenwart, ob wir
noch nach Italien gehen würden, und ich deklarierte da formell, daß
ich dies für unmöglich ansähe, daß wir aber gewiß nach Wien reisen
würden und von da nur dann nach Italien, wenn, was jetzt nicht
wahrscheinlich sei, die Lage der Sachen geändert wäre.
Der Koadjutor hat öffentlich etwas erscheinen lassen, was ihm
wenig Freude machen wird, eine Deklaration seiner Meinung über
den Krieg und die Art, den Krieg fortzuführen, die in mehreren
Zeitungen gedruckt ist, und wo er wieder mit Beispielen aus
der römischen Geschichte und dem Dreißigjährigen Kriege dartut,
daß nur dann die Sache gut gehen könnte, wenn Österreich Deutsch-
land ganz eigenmächtig behandelte und über Menschen und Geld ganz
nach eigenem Belieben schaltete. Dies ist alles Merkwürdige von hier.
In Weimar war es auch nicht sonderlich interessant, doch
amüsant genug. Der Geh. Rat Voigt, den Goethe Gott weiß
warum gebeten hatte, verdarb uns ziemlich den Spaß. Außer
Goethe habe ich bloß noch Wolzogen *) gesehen. Sie und die Lenge-
feld nicht mehr, da sie so spät ankamen und ich den Nachmittag
nicht mehr ausgehen konnte. Wolzogens Haus ist zwar klein, wird

———
*) Jäger des Präsidenten v. Dacheröden. —— **) Vgl. S. 26 und
Bd. I, S. XXI.

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