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[ Band 2 Brief 15: Humboldt an Caroline [Weimar, vermutlich 2. April 1797] ]
mittag bei ihm mit dem Geh. Rat Voigt. — Wie herzlich sehne ich mich schon nach Dir und den lieben Kleinen. Wie fatal ist es, daß ich nicht bei Euch allen bleiben kann, und doch ist jetzt nur die Trennung erst auf eine Woche. Sorge nur ja recht für Dich, teure, liebe Li, und laß Dir die Kinderchen nicht über den Kopf wachsen. Tausendmal Adieu! Umarme die Kinder und grüße Alexander und Burgsdorff.*) H. 16. Humboldt an Caroline Erfurt, 3. April 1797 Ich bin glücklich hier angekommen, liebe Li, und habe Papan recht wohl und vergnügt gefunden. Als ich ankam, gegen 6 Uhr abends, fand ich Lambertis bei ihm, die auch den ganzen Abend und zum Essen blieben. Gleich nach meiner Ankunft ging ich zum Koadjutor, und nach 8 Uhr kam er selbst hin und aß hier. So verging der Abend, bis ich entsetzlich müde zu meiner großen Freude zu Bett kam. — Du kannst Dir kaum vorstellen, wie heterogen dieser Abend gegen die Monate vorher in Jena war. Die Lambertis — Du kennst sie ja wohl —, geschwätzige und gemeine Emigrantennaturen, sprechen in einem fort von lauter Familienverhältnissen hiesiger Leute und Emigrierter; sie wußten bis aufs Haar, was jeder täglich aß, trank, trieb, wie er sprach usw., ich wurde auf einmal in ein solches Labyrinth von Armseligkeiten verwickelt, daß mir fast schwindlicht wurde. Es gibt doch nichts so Schreckliches als diese Franzosen. — Der Koadjutor war wie immer. Über die politischen Verhältnisse spricht er mit großer Erbitterung, aber immer in Beispielen aus der römischen Geschichte. Ich habe schlechterdings kein einziges Wort von ihm gehört, das der Mühe wert gewesen wäre. Papa ist herzensgut und macht nicht die ——— *) Wilhelm v. Burgsdorff, ein treuer junger Freund des Humboldtschen Paares. 27