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daß es nicht zunimmt. Übrigens laß Dir diesen Zustand nicht
eben zu Herzen gehen, geliebtes Kind. Ich bin darum wenig zu
beklagen. Ich befinde mich sehr wohl, und wenn ich einen Knopf
langsam zuknöpfe, so denke ich dabei an viele Dinge. Zum Glück
braucht man zum Denken keine Hände, und in Gedanken, die mich
beschäftigen und mich, wenn auch in Wehmut, glücklich machen,
lebe ich mehr als je, und das vorzüglich hat mir das Meer durch
gestärkte Lebenskraft erhöht. 
Nun lebe wohl, teures, innigst geliebtes Herz, und umarme
mir tausendmal die lieben, lieben Kinder. Meine besten Wünsche
umschweben Dich ewig. Dein treuer Vater H.
Am 18. geendet.

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Im Sommer 1832 mußte die Badekur in Norderney wiederholt werden.
Adelheid Hedemann begleitete Vater und Schwester dorthin.
Humboldt schreibt seinem Bruder Alexander:


                                       Norderney, 12. Julius 1832 [Diktat]
Wir sind, teurer Bruder, vorgestern glücklich hier angekommen.
Das Wetter war zwar auf unserer ganzen Reise nicht
sehr erfreulich, allein auch nicht durchaus schlimm. In
Hannover bin ich nur eine Nacht geblieben . . . Hier ist, so viel
ich bis jetzt habe erfahren können, niemand unserer Bekanntschaft,
und man sagt mir, daß auch Müffling geschrieben haben soll, daß
er nicht Zeit habe herzukommen.
Wir haben hier das ganze, aber kleine herrschaftliche Logier-
haus zu unserer Wohnung und genießen daher die Annehmlichkeit,
ganz allein und ungestört zu sein. Vor uns haben wir eine große
Wiese und hinter dem Hause eine Gartenanlage. Das Haus ist
seit vorigem Jahr innerlich ganz neu hergestellt, und auch zum
Essen sind bessere Anstalten gemacht. So ist unsere Existenz ganz

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