< zurück Inhalt vor >
man sich auch viel Bewegung machen muß, man durchaus zu keiner ruhigen Arbeit kommt. Das nennen zwar die Leute gerade gut, weil man sich nicht anstrengen soll. Ich weiß aber aus langer Erfahrung, daß mich anhaltende Beschäftigung der Gedanken gar nicht anstrengt, sondern vielmehr immer heiterer und gesunder erhält, und selbst wirkliches, körperliches Übelbefinden wie einen Nebel zerstreut. Ich sehne mich daher auch deshalb sehr nach Tegel und zu Euch, lieben Kinder, zurück. Dennoch denke ich noch immer 40 Bäder zu nehmen. Ich habe heute das 27. gehabt, und sollte ich mich angegriffen fühlen, so breche ich ohne Rücksicht auf die Zahl ab. Ich kann daher über unsere Rückkehr noch nichts vollkommen Genaues bestimmen . . . ——— Die Rückkehr nach Berlin bot wegen der Cholerasperre einige Schwierig- keit. Humboldt ging daher gleich in den ersten Septembertagen nach Tegel, wo ebenfalls die umfassendsten Vorsichtsmaßregeln und Absperrungen ein- gerichtet werden mußten. Alles wird durchräuchert, die Tagelöhner werden zum fleißigen Kehren und Lüften ihrer Häuser angehalten, und Humboldt findet es »merkwürdig, wie die Furcht ganz neue Tugenden erzeugt«. Trotz der erfolgreichen Kur in Norderney schreitet Humboldts Ge- brechlichkeit unaufhaltsam weiter fort, er schreibt der Tochter Gabriele: Tegel, 14. Januar 1832 Es ist fast Mitternacht, teure Gabriele, und der Mond scheint mild und hell durch das Fenster, das ich immer für ihn ohne Laden lasse. Du glaubst nicht, wie die Aussicht aus meiner Stube auf alle eisstarren Bäume auch jetzt schön ist. Ich habe eben in den Briefen der lieben Mutter ge- lesen, wie ich gewöhnlich abends tue, und will Dir nun noch für Deinen so herzlich lieben Brief danken, bestes Kind. Du mußt 362