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Humboldt an Hedemann Norderney, 18. Julius 1831 (Diktat) Ich danke Dir herzlich, teuerster Sohn, für Deinen lieben und ausführlichen Brief vom 8. Ich habe mich gefreut, daraus zu sehen, daß Ihr wohl gewesen seid und Tegel genossen habt. Uns geht es auch sehr gut, und Carolinens Aus- sehen hat sich sichtbar gehoben. Ich kann natürlich von der Wirkung der Bäder noch nichts sagen, und erwarte auch augen- blicklich nicht mehr davon, als daß meine kleinen Infirmitäten nicht stärker werden, was, ohne eine solche Kur, wohl gewiß möchte der Fall gewesen sein. Ich befinde mich aber sowohl während des Badens, als auch nachher überaus wohl, und mache im Bade alle mögliche Evolutionen mit Untertauchen usw. Die Wellen waren nur bis jetzt nicht recht hoch. Heute aber hat sich der Wind umgesetzt, und das Meer war, ob wir gleich schon um 5 Uhr morgens gebadet haben, bei starkem Winde wie ein warmes Bad. Ich schreibe Dir so ausführlich über mein Wohlbefinden, weil ich weiß, welchen liebevollen Anteil Du daran nimmst. Das Leben hier ist vorzüglich angenehm durch das Spazieren- gehen am Strande, der doch von unserm Hause nur etwa 10 Minuten entfernt ist. Ich wünsche jedesmal, daß man möchte solche Wege in Tegel schaffen können. Der Boden ist hart und doch elastischer wie eine Tenne. In Absicht der Gesellschaft führe ich mein Leben nicht viel anders als zu Hause. Ich habe zwar einige Besuche mit Carolinen gemacht, und die Leute kommen auch wieder zu uns. Jetzt aber, wo Caroline selbst Bekanntschaften hat, kann ich mich mehr zurückziehen. Die Hauptsache ist, daß wir allein essen, und daß ich noch nie im Konversationshaus erschienen bin. Da begreifen die Leute schon, daß man nicht sie, sondern nur die Wellen sucht. Die Cholera in Petersburg zu wissen, hat mich sehr erschreckt, 360