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Humboldt an seinen Schwiegersohn Hedemann Berlin, 10. Januar 1828 Die Vorlesungen greifen Alexander doch an und belästigen ihn wenigstens darin, daß sie ihn zwingen, ununterbrochen und zu gewissen Tagen zu arbeiten. Dafür erntet er aber auch viel Beifall und wahren Ruhm dadurch ein. Es ist aber auch nicht möglich, besser zu lesen, man mag auf den Vortrag oder die Sachen sehen. Soviel ich habe hören können, ist dies das allgemeine Urteil. Ich glaube kaum, daß der Neid daran zu tadeln findet. Wenn man die beiden Kurse aus der Universität und in der Singakademie zu- sammennimmt, so hat er 1400 Zuhörer, wenigstens 1300 gewiß. Nur sehr wenige gehen in beide Vorlesungen. Der König scheint zwar nicht immer zu kommen. Heute zum Beispiel war er nicht da. Er hat aber einige Stunden besucht, was wirklich sehr schön von ihm ist. Der übrige Hof fehlt nie. Überhaupt hat man nie ein so gemischtes Auditorium gesehen. Es ist aber selbst auch dadurch angenehm dort zu sein. Man ist, ehe es angeht und wenn es auf- gehört hat, in großer Gesellschaft, und in einer, die wenigstens augenblicklich weniger frivol und weniger nüchtern gestimmt ist, als man es sonst findet. Alexander wird die Vorlesungen drucken lassen und schreibt schon jetzt daran. Sie werden Dich in Erstaunen setzen. Eine so ungeheure Masse von Dingen und Tatsachen und in einer so geistvollen Verbindung, daß sie ewig auf die Welteinheit zurück- führen. Von den ältesten Wahrnehmungen der Erscheinungen bis zu den neusten Versuchen erfährt man immer alles, was gerade zur Sache dient, und immer ist man sicher, nur ganz gewisse Be- hauptungen zu haben. Wo diese der Natur der Sache oder unseren Kenntnissen nach nicht möglich sind, ist genau der Grad der vorhandenen Gewißheit bestimmt. Ich freue mich recht, daß 326