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braucht die Bäder, und zwar des Morgens um 4 Uhr. Seine unerschöpfliche Heiterkeit, das Entzücken an der erhabenen Natur, dem Wasserfall, von dem er meint, er sei »die sanfteste Musik, die ich ertragen kann«, dazu der Um- gang mit dem geistvollen Erzherzog Johann gestalten den Aufenthalt in diesem Jahr besonders befriedigend und wirken auch fördernd auf die Kur, die Frau von Humboldt abermals bedeutende Erleichterung verschafft und ihr so viel Kräftigung und Beweglichkeit verleiht, daß sie den Plan fassen kann, im nächsten Frühjahr die geliebte Tochter selbst nach London zu begleiten. Bülow kam inzwischen mit längerem Urlaub nach Deutschland zurück und ging erst Mitte Dezember endgültig auf seinen Gesandtenposten. Im November begann Alexander Humboldt seine berühmten Vor- lesungen, die das Höchste genannt worden sind, was das klassische Zeitalter der Literatur in der Naturanschauung erreichen konnte. Sie enthielten schon die Grundlinien seines Lebenswerks, des Kosmos. Das Humboldtsche Paar schreibt darüber den Kindern Hedemann: Caroline an ihre Tochter Adelheid Berlin, 6. November 1827 Alexanders Kollegium hat mit einem großen all- gemeinen Beifall, mit einem gewissen Staunen über die namenlose Größe der berührten Gegen- stände angefangen. 7. Dezember 1827 Alexanders Vorlesungen, die zweiten, in der Singakademie, haben gestern ihren Anfang genommen. Alexander war so be- fangen die erste Viertelstunde lang, daß es mich tief rührte. Auch sein Vortrag hatte für mich Anklänge der tiefsten Wehmut. Ein so wahrhaft guter, so grenzenlos gelehrter Mensch, daß, wie er einem die unermeßlichen Räume des Weltalls mit der Gewalt seines Geistes erschließt, man zugleich in die wunderbare Tiefe des menschlichen Fassungsvermögens blickt und einen die Ahndung lichthell überfliegt, nach außen und nach innen gleiche Unendlichkeit — ach, und doch nicht glücklich! 325