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[   Band 7 Brief 161:    Caroline an Humboldt     Berlin, 29. Dezember 1826   ]


Goethens Freude, Dich einige Tage viel um sich zu haben,
kann ich wohl begreifen, und sie hat mir etwas Rührendes. Ge-
nieße, teures Herz, der schönen Gegenwart dieses seltenen Mannes.
Außer dem Zauber einer solchen Individualität ist er ja noch
gleichsam der Repräsentant einer ganzen Zeitperiode. Wenn er
einmal fehlen wird, wird es eine entsetzliche Leere geben. Gott
erhalte ihn noch lange und in Kraft. Hohes Alter mit rüstiger
Manneskraft ist etwas ungemein Großes.
Dem Großherzog und seiner Gemahlin sage, wenn dieser
Brief Dich noch in Weimar trifft, meine innigste Ehrerbietung.
Ich liebe wirklich die Großherzogin. Sie hat etwas so ungemein
Edles und Stilles, was mir immer unendlich gefallen hat, weil
es aus ihrem Inneren kam. Des Prinzen Karl Glück macht mir
Freude.
Der Brief Schillers an Huber, die Stelle über uns hat mich
sehr gerührt. Närrisch ist der Ausdruck, daß Du in eine Herzens-
angelegenheit verwickelt seist, man würde  d a s  vielleicht jetzt nicht
mehr sagen. Mit der Nüancierung der Sprache ist es ein eigenes.
Sie geht ins Unendliche.
Wir haben sehr über die Geßnersche Idylle gelacht.


162. Caroline an Humboldt                   Berlin, 2. Januar 1827

Mein teures Herz! Ich schreibe Dir heut Deiner Weisung
gemäß nach Schulpforta und denke Dich mir heute auf
dem Wege nach Rudolstadt. Hast Du solch Wetter
wie wir heut, so bedaure ich Dich, denn kaum ist es Tag.
Ich finde es sehr traurig, wenn Du erst später wiederkommst.
So bist Du denn doch den 2. Januar sechs volle Wochen weg-
gewesen.


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