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[ Band 7 Brief 134: Caroline an Humboldt Berlin, 29. April 1826 ]
ders Brief ist ein wahres Augenpulver, laß ihn Dir von Hede- mann vorlesen. Kohlrausch hier wird immer schwächer. Er soll jetzt elek- trisiert werden. Ach, Tod wäre Wohltat, dünkt mich, für den Armen! Bülow scheint sehr viel von den Beschlüssen für die Griechen zu erwarten, die das russische Kabinett nach der Dazwischenkunft des Herzogs von Wellington genommen hat. Es können sich wohl günstige Kombinationen ereignen, aber doch vorderhand dünkt mich auch nur das. Du wirst in den Zeitungen gesehen haben, daß Hufeland eine Kollekte für die Griechen sammelt. Gleich den Vor- mittag, wo die Zeitung ausgegeben worden, sind 800 Taler hinge- bracht worden. Ich habe für uns 50 Taler hingeschickt, Bülow 25, Eichhorn 30 usw. Die ärmste Klasse der Arbeiter bei der Porzellanmanufaktur hat unter sich 15 Taler 8 Groschen zu- sammengebracht. Kinder, Dienstboten strömen, hat die Hufeland gesagt, haufenweise zu. In jeder Klasse in den Gymnasien haben sich die Schüler kotisiert. Ach, die Armen, Unglücklichen, Schwer- geprüften! Gott wolle ihnen beistehen, denn nur ein höherer Schutz kann sie retten. Das Herz möchte mir in Tränen sich auf- lösen, wenn ich an das Elend dieser Familien denke. Die, so die Teuersten gefallen wissen in rühmlicher Verteidigung, in offener Schlacht oder wie nun das Schicksal es gibt, die nenne ich die Glücklichen. Aber die, die ihr Liebstes langsamen Martertod haben sterben oder in ein Leben der Schmach und des Elends und der Knechtschaft haben schleppen sehen — weh, was für ein Schmerz muß das im Busen sein, ein Schmerz, der zu Wahnsinn führt, wenn nicht blutige Rache ihn kühlt! Das ist ja ein wunderbarer Traum, den Du von Burgsdorff gehabt hast; wenn er erscheinen könnte, würde er, glaube ich, uns freundlich erscheinen. Ach, aber von dort ist wohl keine sicht- 260