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[ Band 7 Brief 131: Caroline an Humboldt Berlin, 22. April 1826 ]
eisige Kälte mit scharfem Nordostwind, daß mir das Mark in den Gliedern friert. Ich hatte wieder so heftige Schmerzen in den Knien, daß ich drei Tage und Nächte nicht schlief, und mir Rust wieder Mittel gegeben hat. Sturm und Kälte hielten mich ab, auf einen Tag nach Tegel hinauszufahren . . . Ach, wo sind die Zeiten, wo ich kecklich so vieles unternehmen durfte! Alexander, Deinem Bruder, habe ich durch Beuth *) geschrieben. Beuth und Schinkel reisen nämlich sehr schnell nach Paris, Rauch ist vorgestern früh nach München abgesegelt, nachdem er noch Wellington gesehen, der ihm verheißen, die Bekanntmachung seines (Rauchs) Verdienstes und Talents solle künftig in London seine Sache sein. Wellington hat Rauch noch zu den drei bestellten Büsten die des Kaisers Nikolaus und seiner Gemahlin gemacht. Aus Cassel ist eine Anfrage an ihn ergangen, sechs ideale Götter- statuen in Marmor zur Ausschmückung einer Prachttreppe im Innern des Schlosses zu machen. Du siehst, wie das wächst und zunimmt. Wegen Missolunghi ist meine Seele tief beunruhigt. Es scheint beinah nicht zu zweifeln, daß es gefallen und neue fürchter- liche Grausamkeiten begangen worden sind. Ich möchte nicht in mir das Gewissen haben, so vielem Elend haben ein Ziel setzen zu können und es nicht getan haben. Eine traurige Nachricht las ich aus Rom. Drei Leute, denen wir täglich die letzten Jahre, wo wir in Rom waren, auf dem Spaziergange von Trinità di Monte begegneten, zwei Griechen, Brüder, Namens Sebastiani, und die Frau des einen Bruders, konnten es vor Sehnsucht nach ihrem Vaterlande länger nicht aus- halten, sie kehrten zurück, fielen den Türken in die Hände, die die beiden Männer augenblicklich und vor den Augen der Frau ent- ——— *) Peter Christ. Wilh. Beuth, geb. 1781, † 1853, Staatsrat. Bedeutender Förderer des Gewerbfleißes in Preußen. 254