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[ Band 7 Brief 130: Humboldt an Caroline Ottmachau, 19. April 1826 ]
bestimmt. Das Finden, das Erkennen, das Zusammenkommen ent- steht von Innen heraus durch die Macht des sich selbst noch nicht verstehenden Busens, da Geist und Empfindung immer in der Welt das Herrschende sind. 11 Uhr abends Ich habe Diner gehabt, bestes Kind, wir waren vier Personen, und den ganzen ausgeschlagenen Nachmittag haben Dobbeler und ich mit dem Schaube und seinem Sekundanten unterhandelt . . . Ich bin heute so dumm, liebes Kind, daß ich nichts Ver- nünftiges schreiben kann. Alles, was mir durch die Gedanken geht, ist vierbeinig, Schafe, Ochsen, Kälber, es ist schrecklich. Wenn ich nur erst wieder aus der Landwirtschaft heraus wäre! Dobbeler ennuyiert sich, daß er die Wände kratzen möchte. Neulich, in der Verzweiflung, wo es auch den ganzen Tag regnete, hat er Grimm herumgeschickt, ihm ein Buch zum Lesen zu verschaffen. Quelle idée! auch nur eine Zeitung. Allein nach vielem Herumirren von Grimm hat er nichts wie das Donauweibchen erobert. Auch ich habe keine Zeitung gelesen, seit ich Berlin verlassen habe. Ob nun Missolunghi über sein mag? In Rußland können alle Verschwörer erschossen sein, ich weiß es nicht. Aber das fällt mir oft ein, daß es im Peloponnes doch jetzt ein himmlisches Leben sein muß. Da fällt es wenigstens keinem Menschen ein, zu ackern und zu pflügen und Schafe zu taxieren und Pächter zu suchen! Lebe innigst wohl. Ewig Dein H. 131. Caroline an Humboldt Berlin, 22. April 1826 Bei Dir, liebstes Herz, geht doch etwas vor. Pächter, Administratoren, Hoffnungen, Seelenmotionen usw. Aber hier verlaufen die Tage gleichförmig, seit drei Tagen regnet und hagelt es zwar nicht mehr, dafür aber ist solch eine 253