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[   Band 7 Brief 98:    Caroline an Humboldt     Berlin, 18. November 1823   ]


wärest sonst oft unleidlich gewesen? Einmal weiß ich mich das
nie zu erinnern, wohl aber habe ich die lebendige Erinnerung Deiner
nie zu erschöpfenden Nachsicht gegen mich und meine großen
Schwachheiten.
Welche amüsanten Anekdoten Du immer von Pforta in Er-
fahrung bringst, bewundere ich. Du könntest einen recueil
intéressant davon herausgeben. Am meisten hat mich das lachen
gemacht, daß Ilgen keine Nüsse duldet. Ich hätte nie geglaubt,
daß das der Sicherheit des Gehens wegen eine verpönte Frucht
sein könnte . . .


99. Humboldt an Caroline                Weimar, 19. November 1823

Du wirst, liebe Seele, zuerst von Goethes Gesundheit hören
wollen. Ich weiß aber in der Tat nicht, was ich Dir
eigentlich davon sagen soll. Das ist leider nur zu gewiß,
daß er immer noch einen starken, trockenen Husten hat, daß er nicht
arbeiten kann und fast nichts zu essen und zu trinken vermag als
Bier und Brot. Die Nächte hatte er bisher so gut als gar nicht
geschlafen, die letzte ist besser gewesen, aber aus einer Ursach, die
ich wirklich schlimmer als das Übel finde. Er ist nämlich gar nicht
zu Bett gegangen, sondern auf seinem Stuhl, wie bei Tage, sitzen
geblieben. Die Unruhe, nicht arbeiten zu können, der Verdruß, aus
schöner Stimmung durch eine Erkältung, wie er wenigstens glaubt,
in diesen leidenden Zustand versetzt zu sein, die Besorgnis, daß
dies noch lange dauern könne, wirken sehr, sein Übel oder doch die
Empfindung davon zu vermehren. Die Ärzte behaupten, daß ich
gleichfalls dazu beitrüge, weil es ihn so verdrieße, nicht ordentlich
mit mir reden zu können. Andere meinen, ich heiterte ihn auf.
Ich wünschte, er hätte mir von seinem Übelbefinden Nachricht ge-

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