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[ Band 7 Brief 95: Humboldt an Caroline Weimar, 12. November 1823 ]
ein Wort geantwortet, noch jetzt eine Silbe gesagt hat. Diese Abhandlung hat überhaupt ein eigenes Schicksal. Einigen, wie Du weißt, und unter denen auch ziemlich trockene Menschen sind, wie Heeren *) in Göttingen, hat sie wirklich über die Maßen gefallen, so auch Dir. Andere haben schon durch ihr Stillschweigen das Gegenteil gezeigt, so gewiß der größte Teil der Akademie in Berlin, selbst Schleiermacher, wie ich glaube, Alexander, dem nun schon die paar Worte mißfällig sind, die von höherer Weltregierung darin vor- kommen, Schlegel, auch Körner, dem ich sie in der Handschrift zeigte, urteilte nur sehr mäßig davon, ebenso Welcker. Ich gestehe aber, daß ich auf der Seite derer bin, die von der Arbeit eher viel halten, und diese Erfahrung wird mich künftig mehr bestimmen, bloß meinem Urteil zu folgen. Denn ich war wirklich sehr zweifel- haft, ob ich die Abhandlung nur überhaupt sollte drucken lassen. Zwischen Goethe und der Schiller ist eine Art Angelegenheit über die Briefe Schillers und Goethes. Goethe möchte diesen Briefwechsel zusammen drucken lassen, und die Lücken von der Zeit, wo sie zusammen waren, erzählend ausfüllen. Wenn er diese Idee ausführt, so ist sie für die Leser offenbar die beste. Die Schiller aber möchte, und mit Recht, den aus diesen Briefen zu ziehenden Vorteil nicht für die Kinder aufgeben. Sie hält also Goethes Briefe zurück und hat einige von Goethe gemachte Vor- schläge, sie für eine geringe Summe zurückzukaufen, abgeschlagen. Ich habe nun dadurch, daß ich Goethen meine Schillerschen Briefe gegeben, ihn aber gebeten habe, sie, wenn er sie gelesen hätte, der Schillern zu geben, und daß ich ihm so indirekt zu Gemüte ge- führt, daß von Schiller geschriebene Briefe von seinen Freunden billig als Eigentum der Kinder angesehn werden, eine neue Be- wegung in die Sache gebracht, und beide Teile haben mich nun ——— *) A. H. L. Heeren, geb. 1760, † 1842, Professor der Geschichte in Göttingen. 174