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[   Band 7 Brief 77:    Humboldt an Caroline    Herrnstadt, 2. Aug. 1823   ]


müßte. Allein das recht frohe und unbefangene, gleichsam sich
selbst unbewußte Glück zu sehen, hebt einen wie unwillkürlich aus
vielen kleinlichen Sorgen und Bekümmernissen des Lebens heraus.

                                                       12 Uhr nachts.
Eben wird lebhaft geschossen, trompetet, und die Husaren sind
in voller Bewegung. Es sind hier die Übungen im kleinen Feld-
dienst jetzt. Vorige Nacht hatte sich ein Offizier mit einigen Mann
in Guhrau hineingeschlichen und dort alarmiert, und heut scheint
sich die Schwadron von Guhrau zu rächen. Du, süße Seele,
schläfst gewiß viel ruhiger. Gute Nacht!


78. Humboldt an Caroline                    Herrnstadt, 4. August 1823

Die Nächte sind hier, zwar nicht für mich, aber doch für
andere sehr unruhig, liebe Li. Vorgestern wurde ganz
nah geschossen, wie ich Dir schrieb, gestern war Ball
und heute nacht ist die Garnison ausgerückt, um einen nächtlichen
Überfall auf Guhrau zu machen. Die Nacht ist wunderschön,
obgleich es in der Entfernung ziemlich stark blitzt.
So sehr gern ich bei August und Adelchen und auch bei Ma-
thilden und Theodor bin, so freue ich mich doch, nun bald am Ziel
meiner Irrfahrten zu sein. Man führt doch so ein viel müßigeres
Leben, das mir einmal nicht angenehm ist. Hier arbeite ich eigentlich
nur den Vormittag von 10 bis gegen 2. Denn um 1/2 9 kommt
man zum Frühstück zusammen, und dann vertrödelt sich die Zeit
so bis 10. Den Nachmittag sind wir immer unausgesetzt zusammen
gewesen. Den Abend habe ich Dir noch geschrieben. August ist
unendlich lieb und ich bin hier im Garten und Spazierenfahren
viel allein mit ihm gewesen. Adelchen habe ich viel weniger ge-

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