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[   Band 7 Brief 73:    Humboldt an Caroline    Ottmachau, 21. Julius 1823   ]


Entdeckung. Man weiß nun doch, an wen man sich zu wenden
und wem man die Schuld beizumessen hat, wenn es nicht geht.
In Karlsbad muß aber der arme Gott gar nicht fertig werden
können. Ich will aber nicht länger »bei meiner Kindheit Rosentraum«,
wie Mathilde es nennt, verweilen, nur das mußte ich Dir mitteilen.

                                                              Den 23.
Hast Du schon das Unglück gehört oder in Zeitungen ge-
lesen, das den armen Papst *) betroffen hat? Er hat sich den
Schenkel beim Aufstehen von seinem Tisch gebrochen und dürfte
[das] wohl schwerlich in seinem Alter und seiner ohnehin großen
Schwächlichkeit mehr überleben. Er tut mir sehr leid. Man
hätte ihm, wenn er sterben mußte, ein ruhigeres und schmerzloseres
Ende gewünscht. Mich hat diese Nachricht, als ich sie heute las,
um so mehr frappiert, als ich gerade mit der letzten Post Consalvi **)
geschrieben und ihn noch gebeten hatte, dem Papst meinen Respekt
zu versichern. So wird immer eins nach dem anderen fremder,
denn Rom war doch mehr, so wie wir es kannten und liebten, da
dieser alte Mann noch lebte.


74. Caroline an Humboldt                     Karlsbad, 22. Julius 1823

Vorgestern abend bin ich glücklich hier angekommen und habe
das schöne Wetter mitgebracht, geliebtes Herz. Ob es
wohl in Ottmachau auch so klarer Himmel ist? Dann
wirst Du viel und lange den Anblick der Gebirge genießen, und
ich sitze in Gedanken bei Dir auf der Bresche.
Hier ist ein Gewühl von Menschen, ärger wie je. Viele
sind im Abziehn, aber sie kommen auch noch in Haufen. Ich
finde viele Bekannte aus Wien, und wer einen kennt, der hat sich

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*) Pius VII., Graf Chiaramonti, geb. 1740, † 1823.
**) Consalvi, Kardinal und Staatssekretär Pius’ VII., geb. 1757, † 1824.

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