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[ Band 7 Brief 74: Caroline an Humboldt Karlsbad, 22. Julius 1823 ]
so am dritten Ort und im ennui des Badeaufenthalts, als wenn man früher intim gewesen wäre. Clarys aus Teplitz sind hier, die Gräfin Fünfkirchen, die jetzige Gräfin Esterhazy, die ich kaum in Wien gekannt habe. Aber hier flog sie mir beinah an den Hals. So auch die Nesselrode, geborene Gourieff. Kohlrauschens sind auch noch hier und die Herzogin von Cumberland *). Die Ace- renza ist leider zwei Tage vor mir fort und mußte fort, weil ihr Quartier genommen war. Pauline **) ist in Marienbad, auch Goethe und der Herzog von Weimar. Ich wohne ganz nah bei dem Gasthof des Grafen Bolza, »Zur Sklavin«, und habe die Aussicht auf die Johannisbrücke. Rother war den 20. früh abgereist, wo ich den Abend kam, und ich habe sein Quartier bezogen. Ich habe 6 Dukaten pro Woche geben müssen. Das Essen ist auch teurer, und alle Menschen klagen über die Kostbarkeit des Aufenthalts hier in diesem Som- mer. Ich habe gestern schon angefangen zu trinken und heute schon 6 Becher Neu- und Mühlbrunn zu mir genommen. Nach einigen Tagen werde ich zum Sprudel übergehen. Daß der Papst gestorben sei, versichert mich Voß, der auch sehr freundlich mit mir tut, sei eine offizielle Nachricht. Der Tod des Papstes schmerzt mich. Er war eine der Gestalten, die zu einer eben schon verschwindenden Zeitepoche gehörten. Der Platz zu den Bildnissen der Päpste in San Paolo fuori le mura endigte mit diesem. Wer wird eine neue Reihe beginnen? Nimm heut, geliebtes Herz, mit diesen Zeilen vorlieb. Sie treffen Dich in Breslau. Caroline grüßt, und ich umarme Dich mit inniger Liebe. ——— *) Friederike, geb. 1778, † 1841, Schwester der Königin Luise. **) Fürstin von Hohenzollern-Hechingen. 135