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[   Band 7 Brief 72:    Caroline an Humboldt     Prag, 19. Juli 1823   ]


Heute nachmittag mache ich noch zwei Posten, und morgen
hoffe ich dann bei guter Zeit in Karlsbad zu sein. Es ist jetzt
große Passage, da schon viele Familien von Karlsbad zurückkommen,
und mit den Pferden wird es nicht gar gut gehn, zumal ich keinen
Laufzettel habe schicken können. Die Post war schon geschlossen.
Mein Befinden ist wenigstens leidlich gewesen, aber meine
innere Stimmung war sehr wehmütig. Es hat mich mehr wie je
angegriffen, so von Hause und aus so lieber Umgebung weg zu
müssen. Dabei bin ich doch in nicht geringer Sorge um die liebe
Mathilde. Ach, es ist eine so schwere Stunde — —— — und zu
denken, daß niemand recht vernünftiges um sie ist. Gott wolle doch
mein innigstes Gebet um sie erhören! Carolinchen grüßt, ist wohl
und voll der liebevollsten Sorge um mich. Diese Zeilen, hoffe ich,
erreichen Dich noch den 26. in Ottmachau. Grüße alles mir liebe
dort und schreibe bald           Deiner Caroline.


73. Humboldt an Caroline                    Ottmachau, 21. Julius 1823

Ich bin in der höchsten Not, liebste Seele, Du hast den
Becher mitgenommen oder hingestellt, wo ich ihn nicht
zu finden weiß, und nun schwimme ich im Kaffee umher
wie ein Schiff, das den Polarstern verloren hat. Du wirst Dich
aber wundern, daß ich schon heute den Becher gebraucht habe [um
Kaffee herauszugeben]. Ich habe auch sehr regiert und gescholten
darüber. Es kann unmöglich richtig sein. Leseur hat sich gewiß
auf den Sanskrit verlassen. Ich habe es ihm aber genau vor-
gerechnet. Die Leute behandeln mich wie so einen überstudierten
Magister. Ich hoffe aber nun Effekt gemacht zu haben.
Mein Diner ist sehr gut abgelaufen und war gar nicht
ennuyant, versichere ich Dir. Es war der Landrat da, der Major,

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