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[ Band 7 Brief 71: Humboldt an Caroline Ottmachau, 18. Julius 1823 ]
jetzigen Torheiten zu lösen suchen, wenn er nicht schon alles zu sehr verdorben hat. Theodor macht uns allerdings Sorge und Kummer, aber wir müssen auch bedenken, daß es das einzige ist, was unser sonst sehr glückliches Leben moralisch stört, und da muß man das eine ohne große Klage tragen und nur mit ruhiger Vernunft und Ernst be- handeln. Du kommst also morgen in Karlsbad an, bestes Kind, wenn Du nur leidliches Wetter gehabt hast. Hier war es heute den ganzen Tag bedeckt, regnete aber nicht und war eher kühl als heiß. Ich bin erst um 6 ausgegangen, nach dem Wehr, auf der Seite unserer Wasserbauten. Der Weg ist lang, aber sehr sehr hübsch, ich habe unendlich Deiner gedacht und war sehr heiter und glücklich in mir, nur hätte ich Dich, süße Seele, zu mir gewünscht. Das Wehr ist prächtig, die Neiße sehr voll. Dies pfeilschnelle Gleiten in ganz glatter Fläche die schiefe Wand hinab, und unten das Wühlen und Brausen zieht einen ordentlich nach sich. Ich arbeite sehr viel. Mit meinen Diners geht es sehr gut, ich bin nämlich immer allein. Montag habe ich Leute. Vorgestern hat mir Leseur nachmittag ganz geschütterte Sahne gegeben. Als ich schalt, sagte er mit Achselzucken: »Il y a eu un orage ce matin.« Ich habe ihn aber bedeutet, daß das zwar eine recht nützliche Wetternotiz ist, daß ich aber mit meinem Kaffee nicht von den Ge- stirnen und dem Himmel abhängen will, und daß er hätte können andere Sahne vom Vorwerk kommen lassen. Seitdem ist sie sehr gut. Den 20. Der Tag ist heute so still hingegangen, liebste Li, wie der Himmel trüb und bedeckt, aber ohne Regen und Sturm und mit hübscher warmer Luft war. Ich bin bloß bis an die Brücke ge- gangen und dann in meine Mauern zurückgekehrt, wo ich noch ein 130