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[ Band 7 Brief 68: Humboldt an Caroline Burgörner, 4. November 1822 ]
68. Humboldt an Caroline Burgörner, 4. November 1822 Seit Abgang meines letzten Briefes an Dich bis gestern abend bin ich ganz allein gewesen. Gestern erwartete ich Motz. Er hatte mir nämlich geschrieben, er werde vielleicht den 3. kommen. Mit der Küche sah es etwas schlimm aus. Die Rebhühner sind vergiftet. Aber Keller hat, ohne mein Zutun, sich in seiner Kraft erhoben, dem Apotheker, von dem die Vergiftung herkam, bei 20 Taler Strafe das Handwerk gelegt. Das Vergiften ist um so törichter, als auch die Krähen, die na- türlichen Feinde der Mäuse, davon sterben. Es soll aber in diesem Jahr, wo so viel Mäuse sind, viel weniger Krähen geben, sagt Keller sehr weise. Natürlicher ausgedrückt sind viele Mäuse, weil wenig Krähen sind. Hasen hatte Grimm, aller Mühe ungeachtet, nicht kriegen können. Ich hatte also eine Hammelkeule kommen lassen, die immer meine letzte Zuflucht ist, wenn die Not am höchsten steigt. Ich zog mich früh an und wartete bis 3. Nach Tisch ging ich den Weg, den Du so liebst, von der Gottesbelohnung zur Kupferkammer. Selten habe ich Burgörner so schön gesehn. Die Sonne ging ohne ein einziges Wölkchen unter. Du glaubst über- haupt nicht, wie hübsch es hier ist. Wie ich zu Hause kam, hatte ich mich eben ausgezogen und den Kaffee bringen lassen, als Motz kam. Er war im Herfahren dreimal umgeworfen, auch wollte er nichts von der Reise erstattet haben. Er meinte, es wäre so hingegangen. Er ist wirklich von einer unerschöpflichen Gefälligkeit. Wir tranken Tee und ich ließ eine Weinsuppe und Ragout von Hammelbraten machen. Ich weiß nicht, liebes Kind, ob Du auch so, wie ich, fühlst, daß das eine große Sache in der Schöpfung ist, daß aus einem Braten, wenn man ihn nur nicht ganz aufißt, wie von selbst ein Ragout entspringt. Es gibt eine große Beruhigung beim Küchenzettel 119