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[   Band 7 Brief 64:    Humboldt an Caroline    Burgörner, 28. April 1822   ]


Post sei von Räubern geplündert worden. Das kam mir so un-
geheuer vor, daß ich gleich den Jäger absandte. Die Sache war
wirklich so. Vier Räuber haben die Post zwischen Erfurt und
Simmersroda, doch nah bei der Stadt, am Abend angefallen,
einige tausend Taler weggenommen und die Schirrmeister und
Postillone stark verwundet. Dies hatte nun auch die Post in Eis-
leben aufgehalten, und so bekam ich Deinen Brief erst am Abend.
Es ist ja recht schlimm, daß das arme Gabrielchen wieder
leidet. Ich hoffe immer, daß ihr die Luft gut tun soll, wenn
sie erst nach Tegel gehn kann.
Also die Basreliefs sind nun schon in Tegel, ich meine die
von Gips. Sporne doch auch Rauch an, liebes Kind, den Brun-
nen vor unserer Ankunft setzen zu lassen. Es ist doch hübsch,
wenn einen die großen Götter im Hause empfangen. Ach! es sind
doch die einzigen Ideen und Bilder, in denen es sich still und
groß lebt. Ich lese hier viel den Sophokles und mit unendlicher
Freude.
Bei Tegel fällt mir eine ganz vergessene Sache ein, die ich
Dich zu besorgen bitte. Die Glockenzüge. Wenn einmal gemalt
ist, sind sie schlimm anzubringen. Ich dächte, es müßte aus jeder
Deiner drei Stuben und aus dem Salon eine Glocke hinuntergehn.
Von den Türmen herunter ist die Sache wohl zu schwierig. Die
da wohnen, überläßt man wohl ihrem Schicksal.

                                                           Den 29.
Es sind große neue Dinge vorgefallen, bestes Kind. Diese
Nacht zwischen 4 und 5, also schon gegen Morgen, wo ich aber
noch fest schlief, klopfte der Jäger an meine Tür, und wie ich
fragte, was wäre? sagte er, es sei eine Estafette angekommen.
Nun rate einmal, von wem! Raten wirst Du es schwerlich, und
doch, wenn man es weiß, wundert man sich wieder, daß man es
nicht geraten hat. Denn sie kam von dem einzigen recht unruhigen

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