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[ Band 7 Brief 62: Humboldt an Caroline Burgörner, 21. April 1822 ]
Motz ist endlich hier gewesen. Er kam zu Pferde nach 1 Uhr und blieb nur bis 5. Dann ritt er nach Sangerhausen und von da nach Erfurt. Er war wie immer äußerst freundschaftlich, und ich habe die paar Stunden recht angenehm mit ihm zugebracht. Eine höchst lächerliche Geschichte aber war es mit dem Gendarmen, von dem ich Dir in meinem letzten Briefe schrieb. Er stellte sich den folgenden Morgen wieder ein und wartete hier den ganzen Tag. Da Motz den Tag nicht kam, er war nämlich vorgestern, den 19. hier, so sagte ich ihm endlich am Abend, er möge ruhig nach Hause reiten und bleiben, bis ich ihm einen Boten geschickt hätte. Ich konnte aber gar nicht begreifen, wie Motz, der gar nicht so ist, sollte mir einen Gendarmen ins Haus schicken, ihn drei Tage warten lassen, und das alles, um ihm in einer bekannten Gegend den Weg zu zeigen. Das hat sich nun alles gelöst. Es ist nämlich bloß eine Einfalt von Keller und eine Folge der Angst und Ver- legenheit, in die ihn sein Examen versetzt hat. Motz hat Kellern bloß um Erlaubnis gebeten, durch diesen Gendarmen einen Brief nach Braunschweig zu befördern, und daraus hat der gute Mann diese Geschichte gemacht. Es ist unglaublich und hätte allein statt alles Examens dienen können. Mir indes ist doch ein Dienst da- durch geschehen. Ich habe wenigstens erfahren, wann Motz un- gefähr kommen würde. Zwar nur ungefähr. Denn da Keller ge- äußert hatte, er wolle sein Möglichstes tun, selbst mit Motz hier zu sein, so hatte Motz, um nur dem zu entgehen, gesagt, daß er früher wegreisen würde. Wie nun der Gendarm einritt, ließ ich statt aller Wehr und Waffen einen Kapaun braten, und der hat denn auch mit dem Gendarmen gewartet, bis Motz gekommen ist. Etwas zähe war er geworden. Meine Küche ist himmlisch. Einen Tag Spinat und einen Kartoffeln. Die Stockman versichert, daß es gar kein anderes Gemüse gibt. Mich soll wundern, wie Leseur das machen wird. 109