< zurück Inhalt vor >
[ Band 7 Brief 53: Humboldt an Caroline Tegel, 19. Oktober 1821 ]
schmerzlich ergriff. Hedemann war zum Kommandeur der Schwarzen Husaren in Herrnstadt ernannt worden, und seine Frau folgte ihm im Februar in die neue Garnison. Humboldt selbst begleitete die Tochter. Er bringt dann wiederholt einige Tage in Tegel zu, um den Bau zu be- aufsichtigen, und genießt immer von neuem das Leben in und mit der Natur. 54. Humboldt an Caroline Tegel, 11. März 1822 Deine beiden Zettelchen haben meine Einsamkeit sehr süß er- heitert, liebe Li. Ich habe sehr lachen müssen, daß Du, süßes Kind, wolltest, ich sollte Frommholzen des Zwiebacks wegen nach Berlin schicken. Ich könnte sehr gut ohne den einen Zwieback leben. Du weißt, daß ich gar nicht an solchen Dingen hänge. Dein Herauskommen sollte mich unendlich freuen, aber für jetzt kann ich noch gar nicht daran denken. Es stürmt und regnet noch zu sehr. Heut nachmittag war ein schrecklicher Hagelschauer, alles weiß, aber gleich darauf Sonnenschein. Das Häuschen sah wunderbar aus in dem falben Wiederschein der untergehenden Wintersonne. Es mag wohl kindisch sein, aber ich kann Dir nicht sagen, wie es mich freut, so die Natur, welche es auch sei, in wechselnden Momenten zu sehen. Die Menschen, die man liebt, die freie Natur und die inneren Gedanken sichern das Leben durch alle Schicksale hindurch. Man kann wohl Trauer haben, Schmerz erfahren, aber es bleibt immer ein Glück in der Wehmut zurück. Ängstigen mußt Du Dich aber ja nicht um mich, geliebte Seele. Der Wind kann wirklich dem Flügel nichts anhaben. Wenn er fiele, was er aber nicht tun wird, wäre es gewiß nur aus eigenem Triebe. Er steht gar nicht dem Winde so ausgesetzt, und ein Ge- bäude von dieser Masse umzuwerfen, gehörte wahrer Orkan dazu. Immer würde das Schieferdach und die Turmhaube anfangen, und wäre Zeit, sich zu besinnen. Ich habe die letzte Nacht bis 1 still gearbeitet und dann recht ruhig geschlafen, und dachte mir Dich auch so ruhig, und nun hast Du eine sehr bewegte Nacht gehabt. . . 95