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[   Band 7 Brief 52:    Humboldt an Caroline    Tegel, 18. Oktober 1821   ]


weiß man, was man besessen hat, und wenn das die Mühe be-
lohnte, so besitzt man es ewig fort. Es ist gar nicht wahr, daß
etwas vergeht.
Heute machen wir große Feuer. Wir wenden viel Öl und
Holz an die Schlachterinnerung. Aber ich beschütze das sehr, auch
sollen die Feuer des 18. Oktobers immer in Tegel glühen, wenn
sie längst sonst verlodert sind. Es wird nicht so bald ein so schöner
Tag wiederkehren. Dafür sorgen die Menschen schon.
Umarme alle und komm morgen hübsch wohl und heiter her.
Ewig Dein                H. 


53. Humboldt an Caroline                      Tegel, 19. Oktober 1821

Ich bin, wie Du weg warst, liebes Kind, noch über den
Weinberg, das Gebirge und um das ganze Feld ge-
gangen und habe auch noch das Vergnügen des Holz-
wilderns genossen. Die Leute arbeiteten noch in der Finsternis daran.
Es ist mir recht leid gewesen, daß ich Dein hübsches Her-
kommen, süße Seele, heute nicht so habe genießen können, da erst
Bopp *), dann Schinkel da war. Es hat mich sehr geschmerzt.
Aber Du kommst wohl noch einmal? Jetzt stürmt es sehr und
scheint zu regnen. Ich komme bestimmt Sonntag zum Essen.

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Im Herbst und Winter wurden Frau von Humboldts Kräfte sehr
durch die Pflege der Ihrigen in Anspruch genommen. Die noch immer im
schwiegerelterlichen Hause weilende Mathilde sah abermals eine schöne
Hoffnung vernichtet und kränkelte lange. Am 7. Januar 1822 schenkte
Gabriele den Eltern das erste Enkelkind, erholte sich aber erst nach monate-
langen Leiden, zumal die Trennung von den geliebten Hedemanns sie

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*) Franz Bopp, geb. 1791, † 1867, Begründer der indogermanischen
Sprachwissenschaft.

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