< zurück Inhalt vor >
[ Band 7 Brief 46: Humboldt an Caroline Dresden, 28. Julius 1821 ]
46. Humboldt an Caroline Dresden, 28. Julius 1821 Wie hast Du geschlafen, liebe Li, und wie geht es Dir heute? Ich habe Deiner gestern doch noch mit einiger Bangigkeit gedacht, weil ich immer die Rückkehr des Krampfes besorgte. Ich wohne doch in der »Stadt Berlin«. Aber es ging sehr wunderbar damit. Ich fuhr hier vor, es hieß, es sei Platz vor- handen. Ich stieg aus, Leseur packte aus. Nun war aber nur Platz drei Treppen hoch, das schien mir für meinen Rang wie das Sofa zwischen den Fenstern in Karlsbad, und dann eine Stube ganz hinten, wo man schon um 6 Licht anzünden mußte. Ich ließ also wieder einpacken und fuhr nach der »Stadt Wien«. Dort war nur eine Stube im rez-de-chaussée. Dies war wieder für meinen Rang zu niedrig. Ich fuhr also nach dem »Hotel de Pologne«. Da war gar kein Platz. Nun donnerte und blitzte es und der Regen fiel in Strömen. Ich fuhr also nach der »Stadt Berlin« zurück und zog mich lieber in die Dunkelheit der hinteren Stube zurück, als daß ich mein edles Herz zur dritten Etage ge- zwungen hätte. Leseur versicherte zwar, daß in dem Alkoven, wo ich schlafen wollte, gar keine Luft sei, und man notwendig sticken müsse. Ich führte ihn aber sehr ab, daß er sich einbildete, daß ich Luft brauchte. So dinierte ich. Aber den Nachmittag wurde meine Tugend belohnt. Es wurde eine Stube vornheraus im ersten Stock frei, und die bekam ich. Sie ist herzlich klein und schlecht, hat aber Luft und Licht. Da bleibe ich bis heute abend, Ich esse heute mittag bei Weigel . . . Lebe wohl, innigst geliebtes Herz, und komme am 6. zu mir zurück. 87