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[ Band 7 Brief 34: Humboldt an Caroline Reichenbach, 12. August 1820 ]
Von der Welt, weder bei uns noch anderen, weiß ich seit Magnis eigentlich nicht das mindeste. Denn die Zeitungen, die in die Ottmachauer Einöde drangen, enthielten, außer dem Blut- bad in Palermo *), nichts, was ich nicht schon dort gelesen hatte. Die Welt geht darum nicht weniger ihren Gang. Aber wenn man so Wochen und Monate lang nichts von ihr wissen und ganz un- berührt bleiben kann, so wird es einem recht klar, daß an den großen Staatsbegebenheiten immer nur eine gewisse Anzahl Men- schen eigentlich teilnehmen. Für die übrigen sind sie wie Regen und Sonnenschein, Sturm und Gewitter. Sie werden manchmal mit fortgerissen und genießen manchmal mit. Aber wer nicht ge- rade betroffen ist, der läßt sie gleichgültig vorüberziehen, und wer dadurch leidet, arbeitet sich doch sogleich und so gut er kann, wieder in eine leidliche Lage zurück. Physisch ist es wirklich so, und das eigentliche Interesse daran gewährt doch nur das Gefühl des Rechts und des Unrechts, das Geistige und Sittliche. Darum kommt es auch immer nur darauf an, das Rechte zu tun. Das Beglückende fließt dann von selbst daraus. Gerade das sehen aber, die zu handeln haben, meistenteils am wenigsten ein. Lebe wohl, bestes Herz. Es werden gewiß noch Briefe von Dir nach Ottmachau an mich gegangen sein. Ich habe Dir zu spät von meinen Abreiseplanen geschrieben, aber es war auch alles so ungewiß. Umarme die lieben Mädchen und Hermann, und mache, daß ich Dich hübsch wohl und heiter wiederfinde. Ich freue mich un- beschreiblich darauf. Ewig Dein H. ——— *) Bezieht sich auf den Aufruhr, der 1820 ausbrach, als Ferdinand IV. Neapel und Sizilien als »Königreich beider Sizilien« vereinigte. 70