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[ Band 7 Brief 31: Humboldt an Caroline Ottmachau, 30. Julius 1820 ]
ich mich dieser Hoffnung freue, an der mein ganzes Leben hängt, das ohne Dich nichts mehr auf Erden wäre. Es ist so eine hübsche Devise, die eine Herzogin von Orleans hatte, die früh Witwe wurde: plus ne m’est rien, rien ne m’est plus. Es ist der einfachste Aus- druck eines Gefühls, das das ganze Sein mit sich fortnimmt. Es war heute ein wunderschöner Tag, und ich bin in Johannis- berg gewesen, bloß mit dem Amtmann von hier, der ein stiller, recht verständiger und braver Mann ist. Sein Wesen und seine Familie werden Dir gewiß gefallen. In Johannisberg wohnte der verstorbene Fürstbischof von Breslau, da es zum Bistum gehört. Es liegt aber im Öster- reichischen. Es liegt wie Ottmachau, das ehemals auch sein war, auf einer Anhöhe, und die beiden Schlösser stehen so, daß sie sich immer im Auge haben und man sie überall sieht. Johannisberg liegt in den Bergen, und darum haben wir die schöne Aussicht, weil wir nicht so schön anzusehen sind. Das Johannisberger Schloß ist gut gehalten und sieht also hübscher aus, aber unseres ist viel antiker. Dagegen ist jenes sehr hübsch umpflanzt. Nur hat der gute Fürstbischof eine eigene Liebhaberei zu Birken gehabt. Ganze Wäldchen hat er angelegt, die nun sehr hoch sind, so daß die ewigen schneeweißen Stämme furchtbar aussehn. Sie sind mir immer das Bild des Nordens. Furchtbare hölzerne Statuen und bleierne Vasen sind auch da und mancher Ungeschmack sonst. Aber in den Gärten schöne Früchte, Orangen, Ananas und große Glashäuser. Da noch kein Bischof ernannt ist, so regiert dort jetzt ein Ad- ministrator, der ehemals Sekretär beim alten Fürsten Metternich gewesen ist. Er hat ganz die Tournüren des Fürsten, ist ganz de la vieille tour, spricht immer, wo es nur angeht, Französisch, und bildet sich noch auf seine Schönheit und seine Weltmanieren sichtbar was ein. Er mag auch sonst nicht häßlich gewesen sein. Er hatte neulich bei mir gegessen und nun hatte er den Amtmann und mich 62