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[ Band 7 Brief 26: Humboldt an Caroline Reichenbach, 18. Julius 1820 ]
die ich sehr viel von Königsberg her kenne. Aber sie waren abwesend, er in Karlsbad. Auch Reck *) fand ich nicht. So setzte ich meine Reise mit nüchternem Magen fort. Die Nacht blieb ich in Crossen. Gestern ging ich von da bis Liegnitz, jeden Tag über 19 Meilen und doch bei 6 oder 7 Stunden Schlaf des Nachts. Mein neuer Wagen gefällt mir sehr gut. Ich fahre überall, auch im tiefsten Sande, mit zwei Pferden, und die Postillone loben auch seine Leichtigkeit. Von Liegnitz bin ich heute hier angekommen. In einer halben Stunde fahre ich zu Stolberg und bleibe entweder die Nacht bei ihm, wenn er es mir anbietet, oder kehre hierher zurück. Morgen hoffe ich weiter zu kommen, und wenn mich meine Erinnerung der Entfernung nicht täuscht, bis Ottmachau. Dort wünsche mir nur Segen. Ich fürchte mich ordentlich vor dem Geschäft, da ich es in der Tat nicht eben verstehe. Das Glück hilft ja aber immer mehr als der Verstand, und so denke ich, soll es mich auch hier wie sonst nicht verlassen. Am Tag vor meiner Abreise habe ich noch Motz **) gesehn. Er hat einen seiner Söhne ins Kadettenhaus gebracht. Ein Kadett mehr, den wir bitten müssen. Aber er kann in die leeren Sonntage von Bennigsen einfallen. Ich habe mit Motz über Thalebra gesprochen. Er ist sehr bereit, nicht nur zu Dir nach Burgörner zu kommen oder sich mit Dir ein Rendezvous zu geben, alles wie Du willst, sondern will auch das ganze Pachtgeschäft über- nehmen. Er ist sehr gefällig und sehr praktisch und uns gänzlich ergeben. Ich war noch den Abend bei Prinzeß Luise und bei Lützows ***). ——— *) Oberpräsident. **) Friedr. Christ. Adolf v. Motz, geb. 1775, † 1830, der spätere be- deutende preußische Finanzminister, 1820 provisorisch, 1824 definitiv Ober- präsident von Sachsen. ***) Leo v. Lützow und Bertha, geb. v. Laroche. 55