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[   Band 7 Brief 2:    Humboldt an Caroline    Tegel, 19. Mai 1820   ]


Augusts *) Mutter, Tante und Schwester hier, und sie haben uns
gestern abend verlassen. Heute früh ist der heiterste Sonnenschein.
Von der Menge des Flieders hast Du keinen Begriff. In dem
Gange auf den Berg hinauf schlagen die Blüten um und über
einem zusammen. Das Grün ist in seiner vollsten Pracht.
Neues erfährt man hier gar nicht, und ich kann auch nicht
sagen, daß ich Verlangen danach trüge. Ich habe nur eher eine zu
große Neigung, in einem Einerlei des Lebens fortzugehen. Außer
den Zeitungen wird einem hier nicht leicht etwas zukommen.
Das ganze Haus aber ist von einer ordentlichen Bevölkerung.
Die Leute sind alle sehr vergnügt. Babette und Juliane wandeln
in helltönenden Gesängen aus Körners Liedern den Abend durch den
Park, doch den Morgen sollen sie gut und ordentlich arbeiten; der
Jäger wohnt auf dem Turm und ist entzückt über die Aussicht.
Die beiden Kutscher schlafen im Stall. Sachse und Grimm **) haben
sich in derselben Stube gebettet, und Herr Sachse geht, wenn er
nicht schreibt, mit einem großen Netz, vor dem sich selbst die Krähen
in acht nehmen könnten, herum, Schmetterlinge zu fangen. Die alte
Gebhard ist außer sich, wie plaisant Tegel auf einmal seit der
Grabesstille des Winters geworden ist, und Augusts Mutter hat
mit Recht bemerkt, daß man selten jemand im Hause und auf dem
Hof anders als im Trab oder Galopp gehen sieht. Vorzüglich ist
Juliane immer in den Lüften, wenn sie nicht ein Eimer Wasser ein-
mal zur Erde zurückzieht. Gegessen und gefrühstückt haben wir
noch nicht in der Wildnis, nur gestern abend im Lusthaus Tee ge-
trunken, wo es wirklich hübsch ist. Zu solchen Expeditionen ist die
starke Dienerschaft sehr brauchbar. Wirklich haben wir, ohne die
Gebhard und den Gärtner zu rechnen, acht Menschen und sechs
Pferde für uns drei zur Disposition, und Du, arme liebe Li, hast

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*) v. Hedemann, Humboldts Schwiegersohn.
**) Schreiber und Kammerdiener.

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