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[ Band 6 Brief 242: Humboldt an Caroline Berlin, 12. September 1819. ]
recht auf die Erde herabzieht und es der Rauhheit im irdischen Elemente bloßgibt. Es ist immer das Zarteste, Flüchtigste, Hef- tigste und Glänzendste der Phantasie, aber festgehalten von diesen unsichtbaren Fäden. Gerade das gestrige Stück ist vorzüglich groß darin. Das Flüchtige, Wechselnde, Traumähnliche des Lebens läßt sich nicht lebendiger darstellen. Die Erfindung der Fabel scheint auf den ersten Anblick wenig zu versprechen, aber unmerk- lich und unaufhörlich wird man von der einen, großen, das ganze Gemüt ergreifenden Betrachtung dieser Nichtigkeit des Daseins ergriffen. Sehr tief und sehr rührend sind die Worte: Die Träume selbst sind Traum. Man fühlt sich bei dieser Stelle von solcher Sehnsucht zu den Träumen, solchem Wunsch, daß sie wirklich sein könnten, hingezogen, daß es einen recht wenig dünkt, daß das Wahre ein Traum sei, wenn man nur dies einsame Brüten der Seele im Traum vor der Richtigkeit retten könnte. Bernstorff soll, höre ich, kommen. Es fehlt ihm jetzt offen- bar an Räten. Es hat mir heute einer, der es wissen kann, ge- sagt, daß das Konzept des Briefes an den König, durch den Bernstorff ihm die neue Organisation seines Departements vor- legen will, schon jetzt gemacht ist. In diesem Brief soll Bülow als vortragender Rat aufgeführt sein. Jetzt halte ich die Sache wirklich für gewiß. Sie macht mir sehr viel Freude für die liebe, süße, kleine Gabriele. Es ist für sie und uns die angenehmste Bestimmung, die Bülow bekommen konnte. Gehalt gibt man ihm gewiß 2-2500 jährlich, wir geben ihr wie Adelchen, so können sie schon fürs erste, da sie uns nahe haben, leben. Es ist eine viel einfachere und bessere Existenz, als wenn er Gesandter wäre. Es ist sehr närrisch und wunderbar, wie sich die Schicksale in der Welt machen. Unsere Trennung, als Du nach Italien gingest, und ich nach England, war uns beiden sehr traurig, und sie schien 616