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[ Band 6 Brief 240: Humboldt an Caroline Berlin, 8. September 1819 ]
oder dieses ihn verlassen hat. Poetisch scheint er mir gar nicht mehr. Er hat sich vielmehr zu einem trockenen Studium hinge- wendet. Es mag aber freilich allen so gehen, und man mag es nur selbst nicht merken. Wie der Körper nach und nach ver- knöchert, so verliert auch wohl der Geist, was ihn früher leichter und freier emporhob. Goethe ist auch darin, daran nicht zu leiden, einzig. Es tut mir sehr leid, daß Du ihn vermutlich nicht sehen wirst. Er soll, wie man mir hier sagt, am Tage vor seinem Geburtstage weggegangen sein, nach Karlsbad, denke ich. Verzeih, daß ich hier abbreche, Boyen läßt sich eben melden. 241. Caroline an Humboldt Frankfurt, 11. September 1819. Seit dem 8. abends spät bin ich hier, mein süßes Leben, ich kam aber mit einem gebrochenen Wagen hier an, den 9. mußte ich den Wagen in die Reparatur geben, und ich weiß nun nicht, ob ich ihn heut noch bekommen werde. . . . Ich bin seit drei Tagen hier und kann beinah nicht gehen. Um den Knöchel herum ist der ganze Fuß so geschwollen, daß ich nur mit vielen Schmerzen einige Schritte tue. Du kannst denken, wie mir das gefällt. Außerdem habe ich beinah keine Stimme, solch eine Heiserkeit und Husten ohne alle Verkältung. Ich habe mit Wenzeln recht ordentlich gesprochen. Er setzt seine Ansicht über diesen ausgesprochenen Gichtzustand, denn dafür sieht er ihn an, auf und wünscht, daß mein Berliner Arzt ihn beherzige. So, süße Seele, ist es mit mir. Deine Gesundheit ist mir ein wahrer Trost in meiner jetzigen Schwachheit. 613