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[ Band 6 Brief 240: Humboldt an Caroline Berlin, 8. September 1819 ]
kann. Ich wenigstens rede, ausgenommen gerade über Personen, mit der größten Freimütigkeit mit ihm. Ich kann es aber auch und tue es mit Fleiß. Nur so zu reden kann Nutzen bringen. Mir selbst persönlich sogar kann es nicht schaden. Ich suche nichts, ich mache mir für mich nichts daraus, wenn man mich auch wieder gehen ließe, und ich kann außerdem noch jetzt auf den Glauben rechnen, den doch alle diese Leute an meiner Unentbehrlichkeit im jetzigen Moment haben. Ich kann also dreister handeln als ein anderer und brauche nicht so viel Rücksichten zu nehmen. Dabei ist es mir lieb, den Leuten, die näher um den König sind, einzelne Fakta aus meiner jetzigen Geschäftserfahrung mitzuteilen, die zeigen, in welcher Anarchie sich die Dinge befinden und wie eigent- lich gehandelt wird. Zu einer Krise, das kannst Du mir sicher glauben, im Ministerium kommt es und muß es kommen, sie kann auch sehr leicht den Erfolg haben, daß ich ausscheide. Bis zum Frühjahr muß das entschieden sein. Wolf *) hatte ich zum Essen bei mir. Er ist wie immer, und ich glaube, wenn man ihn öfter sähe, auch noch so amüsant wie sonst. Daß er alles tadelt, gegen alles spricht, immer wie ein Mensch tut, dem alle vernünftige und bessere Tätigkeit unmöglich gemacht sei, muß man sich freilich gefallen lassen, das liegt nun in seiner Art. Es geht ihm jetzt nichts über Halle. Man hätte Berlin wieder aufheben sollen, um Halle allein glänzend zu machen. Warum er übrigens nicht nach Halle geht, sieht man auch nicht ein. Ich glaube, man würde es leicht verstatten. Schlegel ist lebendig, nimmt leicht Interesse und weiß doch immer sehr viel. Mit ihm in sehr nahem Verhältnis zu stehen, auch nur in so stetem Zusammensein, wie er mit der Staël war, mag allerdings nicht angenehm sein, allein zum bloßen Gespräch habe ich ihn sehr gern. Nur bleibt es wahr, daß er sein Talent, ——— *) Vgl. S. 181. 612