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[ Band 6 Brief 237: Humboldt an Caroline Berlin, 1. September 1819 ]
Was dann noch irgend gut ist und nach Grundsätzen zu handeln gewohnt, suchen wir zu benutzen. Gestern abend, ganz spät, war noch der bei mir, der Gabrielen vor dem Heiraten in Italien warnte [Gneisenau]. Er war freund- lich, ohne es zu sehr zu sein, so daß es wird auf dem Fuße fortdauern können. Er sprach gleich und ziemlich mißbilligend von den Begebenheiten des Tages und hat sich hernach auch sehr nach Dir erkundigt. 3. September Ich hatte gestern nicht Zeit, Dir zu schreiben, daß ich vor- gestern beim Kanzler aß. Er hatte ein großes Diner, bei dem alle Minister waren, und hatte mich auch eingeladen. Er tat wie gewöhnlich sehr freundlich und sagte, er hätte mich ja in unend- licher Zeit nicht gesehen. Ich sagte, das sei allerdings wahr. Da- bei blieb es. Den Nachmittag suchte er mich sichtlich auf, um mich allein zu sprechen. Er tat es auch eine Viertelstunde lang in einem Fenster. Er fing davon an, daß man (er sprach so un- bestimmt) die Schuld alles dessen, womit man unzufrieden sei, auf ihn werfe. Ich antwortete, das sei natürlich, er trenne sich vom Ministerio und stehe also allein. Er sprach darauf über die neuesten Dinge und Vorfälle. Ich sagte ihm, daß er sich sehr dadurch schade. Er wurde nach seiner Art heftig, stritt, ich sagte ihm trocken, ich müßte ihm nur erklären, daß ich durchaus einer ent- gegengesetzten Meinung sei. So schieden wir auseinander. Er hatte mich vorher gebeten, Sonntag bei ihm in Glienicke zu essen, und ich hatte es unbestimmt gelassen, ob ich kommen würde. Ich werde aber doch hingehen. Auf dem Fuß, auf dem ich jetzt mit ihm bin, macht es sich am besten. Die Dinge, liebe Seele, stehen in ziemlicher Krise, aber das müssen sie, wenn es gut gehen soll. Wie jetzt der Geschäftsgang ist, kann er nicht bleiben. Ich bin, soviel ich kann, tätig, und die Minister sind sehr 604