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[ Band 6 Brief 237: Humboldt an Caroline Berlin, 1. September 1819 ]
237. Humboldt an Caroline Berlin, 1. September 1819 Gestern abend hat mich der Staatskanzler bitten lassen, und da er denken konnte, daß ich Entschuldigungen suchte, habe ich ihm nicht absagen mögen. Ich denke, daß ich Dir neulich schrieb, daß ich dem [Sayn- Wittgenstein], der immer im Briefwechsel mit dem ist, der die Affären macht [Hardenberg], die bedenkliche Lage der Dinge aus- einandergesetzt hatte, da er neulich ein paar Stunden bei mir war, und daß er tat und schien, als sei er sehr ergriffen davon. Neulich hat er den beiseite genommen, der mir die erste Estafette nach Frankfurt schrieb [Witzleben], und hat ihm gesagt, ich sähe die Sachen so schlimm an, und er glaube, ich habe nur zu sehr recht, ich hätte ihm mit einer ausnehmenden Klarheit die wahre Lage der Dinge, die ich in der kurzen Zeit vollkommen kennen gelernt, auseinandergesetzt. Der Vater *) des Lernenden wisse das gar nicht so recht. Man müsse alles tun, daß ich so sehr und so geschwind als möglich dessen Vertrauen gewinne. Sind das nicht sonderbare Äußerungen? In einer Rücksicht kann man diesem Menschen trauen, in der nämlich, daß er Furcht hat, wenn er meint, es geht unglücklich, und daß er die Meinung hat, daß ich den Dingen noch helfen könnte. Denn dies Vertrauen auf meine Art, die Dinge zu behandeln, ist noch vorhanden, und viel mehr und stärker, als die Wahrheit es rechtfertigt. Daß ich nichts versäume, um eine Lage hervorzubringen, die zum Heil führen kann, darfst Du überzeugt sein. Auch verzweifle ich noch nicht, nur sind die Schwierigkeiten doch sehr groß, das kannst Du mir glauben. Mit denen, die seit langem meine Freunde waren, bin ich unge- mein zufrieden. Sie halten fest und man kann auf sie bauen. ——— *) Der König. »Der Lernende« der Kronprinz. »Der Lehrende« Ancillon. 603