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[   Band 6 Brief 231:    Humboldt an Caroline    Berlin, 11. August 1819   ]


Ein wahrhaft großes dramatisches Stück zu hinterlassen ist
doch das Höchste, was es unter allem Großen und allem Ruhm
im Leben gibt. In keiner anderen Form lebt der Geist so schaf-
fend und immer noch wirkend fort, in keiner bewegt er so die
ganze Menschheit im Busen jedes einzelnen und einer so ver-
schiedenartigen Menge. Wer dies erreicht hat, dem ist das Beste
geworden.
Das Theater, wenn Dir Deine Gesundheit erlaubt, es oft zu
besuchen, wird Dir doch ein großer Genuß sein. Mir ist es ein
wahres Bedürfnis, von Zeit zu Zeit eins der großen Stücke zu
sehen. Man kann sich dann wieder wochenlang so im Alltags-
leben herumtreiben.
Ich sagte Dir, daß ich in Monbijou *) gewesen bin. Du wirst
Dich doch sehr freuen, die Marmorsachen da zusammen zu sehen.
Es sind unleugbar sehr vorzügliche darunter. Das Parzenbasrelief
ist einzig schön und wirklich von ganz unbestimmbarem Wert. Eine
so seltene Vorstellung, ja, im Grunde eine ganz einzige, eine so
wundervolle, schöne und anmutige Ausführung, und so äußerst
wenig daran restauriert. Wenn das in Rom länger ausgestanden
hätte, wäre es gewiß sehr berühmt geworden. Unsere anderen
Basreliefs sind hübsch, allein dagegen kommen sie nicht auf. Die
kleine Nymphe ist allerliebst und das Juwel der Sammlung, weil
man sie so überall aufstellen kann. Die Akademie will sie jetzt
formen lassen. Rauch hat einen Former aus Italien kommen
lassen, und so ist man gewiß, daß es der Statue nichts schadet.
Die beiden Grazientorse, vorzüglich den großen, habe ich, sowie
auch den Tondo, ordentlich mit alter Liebe, wie Bekannte, wieder-
gesehen. Ich werde auch suchen, sie wieder in der Stube bei mir
zu haben.

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*) Im dortigen Kgl. Schloß war einstweilen die Humboldtsche Skulp-
turen-Sammlung aufgestellt.

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