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[ Band 6 Brief 211: Humboldt an Caroline Frankfurt, 3. Junius 1819 ]
211. Humboldt an Caroline Frankfurt, 3. Junius 1819 Eine Nachricht, die Dir auch Freude machen wird, ist, daß Ernst Schiller *) wirklich als Assessor in Cöln mit 600 Taler angestellt ist. Für den Anfang ist das sehr viel, und Lolo und Caroline sind beide sehr froh darüber. Das Ereignis ist auch um so erwünschter, als er alle Verhältnisse in Weimar abgebrochen hatte, und es nun selbst seiner Ehre und seinem Namen empfindlich gewesen wäre, wenn er lange ohne An- stellung hätte herumgehen müssen. Es ist sehr eigen, daß der, der am meisten mit Schiller in der letzten Zeit und am engsten gelebt hat und in Weimar auch am meisten vermochte, auch nie einen Schritt für den jungen Menschen getan hat, den er sonst liebt. Es ist mehr Unbehilflichkeit, glaube ich, als bloßer und leerer Egois- mus, der jede Bemühung scheut. Ich habe bei der Sache sehr wenig Verdienst, es hat mich ein einziges Wort bei Beyme gekostet. Man sieht aber, von welchem Einfluß manchmal die geringfügigsten Umstände sind. Wäre Schiller nicht bei Beymen in Berlin, viel- leicht auf dem Lande gewesen, hätte er nicht vermutlich Beyme in der ihm natürlichen Freundlichkeit und Menschlichkeit behandelt, so wäre jetzt höchstwahrscheinlich aus der Anstellung des Sohnes, als eines unbekannten jungen Menschen und eines Ausländers nichts geworden. Denn dies, verbunden mit der Idee, daß man das Ver- dienst noch in den Kindern ehren müsse, und der Neigung, zu zeigen, daß es durch ihn geschehe, sind Beymes Beweggründe gewesen. Es ist noch immer sehr gut, wenn in den Menschen solche Beweg- gründe walten und wirklich zur Tat führen. Den 4. Ich schreibe Dir noch heute einige Worte, süße Li, ehe ich den Brief abschicke, und noch dazu Dir vermutlich sehr unerwartete. ——— *) Geb. 1796, † 1841. 558