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[   Band 6 Brief 198:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 3. Mai 1819   ]


auch nie ihr fort war, für diese Gestalt gar nicht vorteilhaft an.
Es ist wunderbar, da sie gar nicht so alt ist, nur wenige Jahre
älter als wir. Die Stein und ihre Tochter haben mir gar nicht
glauben wollen, daß Caroline wirklich einmal sehr hübsch gewesen
sei. Und man kann es doch nicht leugnen. Wahr ist es aber, daß
sich alle, auch die letzte Spur verloren hat. Nicht die Augen ein-
mal haben sich erhalten. Es tut mir immer weh.


199. Caroline an Humboldt                    Perugia, 6. Mai 1819

Mein allerteuerstes Herz! Damit Du Dich nicht um mich
und den Fortgang unserer Reise ängstigest, schreibe ich
Dir diese zwei Zeilen. Wir sind, wie ich Dir zuletzt
sagte, den 2. von Rom weggereist. Es war ein trauriger Morgen.
Es regnete furchtbar. Unsere guten Hausleute, die Butis und alle
Hausgenossen, wie Thorwaldsen, Lund, die beiden Schadows, Wach,
Lengerich und mehrere andere Künstler, fünf Caretellen voll, be-
gleiteten uns und die Herz, die mit Professor Bekker und Brandis
in einem Wagen fährt. Vorgestern nacht schliefen wir in Fuligno,
sahen gestern noch einmal S. Maria degli Angeli und Assisi. Ach,
mit Dir wollt ich es wiedersehen! Eitle Träume!
Gestern abend kamen wir hier an. Wir haben heute Ruhe-
tag gehalten und fahren morgen nach Cortona. Sonntag, den 9.,
sind wir in Florenz. Mein Befinden ist so ziemlich. Ich werde
ein paar Tage in Florenz liegen, mich zu erholen, ehe ich ausgehe.
Die Herz ist auf der Reise sehr liebenswürdig, voller Attentionen,
und Bekker und Brandis äußerst gefällig, die Kinder sind wohl,
der Bediente aufmerksam und willig. Geliebtes Leben, sei ja ruhig

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