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[   Band 6 Brief 192:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 2. April 1819   ]


behren ließe oder einem wirklich Schmerz zufügte, wenn es nur die
Liebe ist.
Adelchen wird allerdings durch August in einen engeren
Kreis gezogen. Allein, das ist nicht August allein, der es tut, es
ist auch nicht, daß Adelchen sich so leicht einschränken ließe. Glaube
mir, süßes Kind, es ist das von früher Jugend an ungestörte
Glück, diese gänzliche Unbekanntschaft mit Kummer und Schmerz.
Das Leben erscheint da wie eins, in dem man nicht mehr unter-
scheidet. Alles bleibt unentfaltet. Ich wünsche herzlich, daß den
Kindern das so bleiben möge, ich wünsche es allen, die ich liebe,
aber ich danke dem Schicksal, daß Dein und mein Leben, da wir
uns später begegnet sind, doch andere Wendungen gehabt hatte,
schon ehe wir zusammenkamen. Wenn man dann länger zusammen
lebt, führt das Leben anderes herbei, und da ist es wieder schön,
daß der Kummer, der uns traf, und der nur der Schmerz über
die Besorgnis für die Kinder war, uns immer fester aneinander
kettete. Uns und unser Zusammensein dürfen wir aber auch mit
nichts anderem vergleichen. Daß Du so warst, wie Du bist, daß
mein innerer Blick sich dadurch erschloß, Dich so zu sehen, daß
das Geschick uns dabei Ruhe und Freiheit gab, uns still durch
einander zu entwickeln, das ist einer der glücklichen Würfe, die ge-
wiß sehr einzeln und selten in der Menschheit wiederkehren; man
kann den Himmel still dafür segnen, aber es ist nicht zu fordern, daß
gerade das auf die Kinder übergehe. Wenn in mir nicht der Gedanke
herrschend wäre, so zu handeln, so zu leben, wie Du es gern von dem
hören mußt, der Dir angehört, so wäre eine große innere Triebfeder
in mir weniger, und ich bin, wie von meinem Dasein überzeugt, daß,
wenn ich Dich nicht besessen hätte, ich nicht bloß innerlich nicht geworden
wäre wie ich bin, sondern auch äußerlich nie das mindeste Bedeutende
getan hätte. Ich kenne mich besser, wie die meisten sich kennen, und
beurteile mich ohne Parteilichkeit wie Stolz oder Bescheidenheit.

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