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[ Band 6 Brief 182: Humboldt an Caroline Frankfurt, 22. Februar 1819 ]
einem viel engeren, buchstäblichen Sinne. Ehe ich Dich noch recht oder als ich Dich nur eben kannte, beschäftigten die Plane für Dein Glück Carl *) und mich unaufhörlich, wäre es mir auch nie geworden, daß Du mich so geliebt hättest, hätte ich Dir immer von innigem Herzen mein Leben gewidmet, an diese anfängliche Emp- findung hat sich dann meine, Deine Liebe geknüpft, darauf sind die Jahre verbundener Freuden und Schmerzen, Deine immer gleiche Treue gefolgt, ich bin Dir alles schuldig im Leben durch das, was Du mir gabst, und durch das, wie Du mir erschienst, wie ein besseres und höheres Wesen, das mich mit der unverstandenen Ge- walt, welche der Mensch über den Menschen ausübt, unaufhörlich in ein größeres und stilleres Dasein hinüberzog, und so, liebe teure Li, stehen wir jetzt in der süßen Hoffnung, uns nicht wieder auf lange im Leben zu trennen. Wenn dieser Monat vorüber ist, liegen doch höchstwahrscheinlich nicht mehr als drei volle andere zwischen dem Tag unserer Wiedervereinigung. Ich sehe ihm mit unglaublicher Sehnsucht entgegen, er erscheint mir wahrhaft wie das Beginnen eines neuen Lebens, und wenn ich auch in die mir bestimmten Geschäfte eintreten sollte, fürchte ich sie nicht für die Ungestörtheit unseres Zusammenseins. Was die Seele in der Tiefe füllt, begleitet einen überall hin. Danke Niebuhrn sehr für seinen Brief. Ich lasse die Stelle über die Verfassung abschreiben und teile sie Steinen mit. Über meinen Aufsatz schreibt jetzt wieder Stein und sehr hübsch. Ich lasse, was er macht, bei mir abschreiben und habe also einiges schon gelesen. Diese Arbeiten werden Dir einmal viel Vergnügen machen. Stein hat eine treffliche Manier des Schreibens, eine ganz un- mittelbar aus der Gesinnung fließende, so daß man kaum merkt, daß die Worte nur ein Mittel sind. Ich bin wenigstens einen Abend um den andern bei ihm, und er ist mir ein außerordentlicher ——— *) v. Laroche, siehe Bd. I. 489