< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 6 Brief 160:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 21. Dezember 1818   ]


streng erschienen, und ich muß doch noch immer sein gütiges Walten
preisen, uns die Macht der Erdenkräfte unter dem schönsten und
wundervollsten Himmel gezeigt zu haben. Hier gesellt sich zu
allem Unglück doch noch etwas ganz eigen Schauerliches.
Lebe wohl, mein teuerstes, innigstgeliebtes Wesen.


161. Humboldt an Caroline                   Frankfurt, 24. Dezember 1818

Ich bringe den Weihnachtsheiligenabend sehr einsam bei
mir zu, liebe Li, und wünsche unendlich, bei Dir und den
lieben Mädchen zu sein. Aber den nächsten sind wir
gewiß vereint, und so tröstet die Hoffnung und hält hin.
Ich habe einen Brief von Mathilden vom 13., in dem sie mir
sagt, daß Theodor Dir endlich wirklich den Tag vorher geschrieben
hat. Theodor weiß von Mathildens Brief nichts. Man sieht es
dem guten Kinde in ihrem Briefe an, wie peinlich ihr Theodors
Schweigen gewesen ist. Sie schreibt mit unendlicher Freude und
sehr gut und herzlich. Es gibt nichts besseres auf Erden als eine
Frauennatur; wenn sie nur nicht ihre Natürlichkeit verlieren, so
haben sie immer, auch bei der schlichtesten Einfachheit, etwas Edleres
und Tieferes als die Männer. Doch werden Frauen von an sich
nicht schlimmen Männern oft ungerecht behandelt und sind, wenn
sie glücklich sind, es meistenteils mehr durch innere Genügsamkeit
und Selbstverleugnung als durch die äußere Lage. Aber so erfreu-
lich das Glück ist, so macht es nicht immer gut. Ich habe von
früh an den Grundsatz gehabt, es nicht zu achten, und für mich
nie zu suchen, aber viel darauf gehalten, es anderen zu geben, wenn
man auch darum manche andere Rücksicht versäumen sollte. Es
geht dadurch auf einen selbst eine Art Gewissensruhe über, deren

                                                                       416