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[   Band 6 Brief 159:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 18. Dezember 1818   ]


In der Allgemeinen Zeitung steht, der König habe Bernstorffs
Patent von dem Tage an gezeichnet, wo er dänischer Minister
geworden sei, er sei also dadurch der älteste Minister geworden.
Wenn das wahr ist, so ist es eine wahre Kränkung. Indes hat
es für die Stelle, die ich in meiner Anciennität gerade habe, das
Gute, daß er über Beyme ist, der nicht ungefährlich gewesen wäre.
Doch ist auch Beyme nicht der älteste, sondern Altenstein. Unrecht
bleibt dieser angeblich Bernstorffen erteilte Vorzug allemal.
Lebe wohl, süßes, innigstgeliebtes Herz. Ewig Dein H.


160. Humboldt an Caroline                   Frankfurt, 21. Dezember 1818

Ich habe Deinen lieben Brief vom 5. bekommen . . .
Du schreibst sehr hübsch, wer auf der Erde am Re-
gieren teilnehmen will, der muß sie berühren. Das ist
sehr wahr, und das scheue ich nicht zu tun, obgleich mir die Wirk-
lichkeit als solche nie ein sehr zur Tat führendes Interesse einflößt.
Du hast ganz recht, daß das Ministerium des Inneren etwas
wäre, was man nicht ausschlagen dürfte, obgleich ich nicht leugne,
daß ich darin meinen Kräften gar nicht vertraue, da es ein durch-
aus neues Geschäft für mich ist. Allein im Grunde müssen die
Ministerien nicht handwerksmäßig geschieden sein, wer einmal Staats-
mann sein will und kann, muß für alle Stellen in dem Grade und
der Art taugen, die gerade auf einem Ministerposten nützlich ist.
So ist es auch in England, wo derselbe Minister meistenteils durch
viele Ministerien wandelt, und im Regieren bleibt England immer
ein unerreichtes Muster.
Aber Du sagst auch selbst, daß ich es mit dem Staatskanzler
sehr ernst nehmen muß, und darin hast Du vollkommen recht.

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