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[   Band 6 Brief 158:    Caroline an Humboldt     Rom, 16. Dezember 1818   ]


Augen zu streuen? Du erkennst es und duldest es, weil Du etwas
zu gleichgültig gegen dies alles bist, und Dir Dein eigenes Be-
wußtsein genügt. Ich aber kann es nicht so ansehen und spreche
es unverhohlen aus, weil mich kein irdisches Verlangen nach Geld,
Gut oder Ansehen treibt. Ich rede dafür, Gott! und wie viel
lieber lebte ich mit Dir hier oder in Burgörner in schöner tiefer
Einsamkeit!!
Wovor ich keine Ruh in mir habe, ist vor dem, was Du mir
als Neujahrgeschenk angekündigt hast. Es ist von unberechenbaren
Folgen, und ich weiß nicht, ob Du nicht Deine Stimme laut da-
gegen erheben solltest. Ich sitze überhaupt auf brennenden Kohlen,
Dich in Frankfurt und nicht in Berlin zu wissen. Wie angenehm
schreibt Kieß darüber, wie tief gleichgültig. Ach, ich kann das
nicht sein, woran das Wohl und Weh so vieler hängt — die Ent-
wickelung einer ganzen und edlen Nation! Ich sagte, sechs bis acht
Jahre solltest Du Dich dem Staate widmen. Ich weiß wohl,
daß das nicht eine lange Zeit ist, obgleich sie dem Individuum
lang werden kann. Aber bei so vielen Dingen ist es so not-
wendig, ist das meiste getan, wenn es nur erst eingeleitet, gepflanzt,
in die Wirklichkeit getreten ist. Es gedeiht und reift dann von
selbst und treibt weitwuchernde Wurzeln wie oben prangende
Kronen.
Bernstorffs Verlegenheit über das Empfangen des Schwarzen
Adlerordens fühle und teile ich. Du, mein Herz, würdest ihn be-
kommen haben, wenn Du Dich willig gefunden hättest, nach London
zurückzugehen. Castlereagh würde es dann wohl begehrt haben.
So machen sich die Dinge!
Was Du mir über Bernstorff sagst, habe ich immer gedacht.
Wie gut er ist, auch edel, so ist er den Ansprüchen, die die Zeit
und die Nation macht, der er sich angeschlossen, nicht gewachsen.
Er war vielleicht ein Stern erster Größe an jenem Himmel, wo er

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