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[   Band 6 Brief 157:    Caroline an Humboldt     Rom, 9. Dezember 1818   ]


weist es mir. O wie wahr sagst Du: »Das Schicksal ist wenigstens
selten zu nachsichtsvoll. Es läßt am Ende fast niemals mehr in
den Menschen zurück, als was es ihnen nicht zu entreißen vermag.«
Wie wahr und tief! Wohl uns, uns hat es den heiteren Sinn,
die selige Ergebung in einen höheren ordnenden Willen, und Demut,
und durch Demut Anerkennung alles Besseren gelassen. Lieber,
einziger Wilhelm, überlege alles wohl und lasse es, wenn Du Dich
zum tätigen Handeln entschließest, nicht so hingehn. Spanne alle
Segel auf. Wolle, wozu Du Dich entschlossen, zwinge den Be-
wußten, Ernst mit den Verheißungen zu machen, oder zwinge ihn
anzuerkennen, daß es weltkundig werde, er wolle Dich nirgends.
Glaube mir, das ist’s, was er vor allem fürchtet. Aber er hat
einen feigen Charakter, und alle Streiche, die er führt, sollen heim-
lich sein. Auf Dich will er den Tadel laden. Laß ihm nicht den
Sieg. Er stehe in seiner Blöße da.


158. Caroline an Humboldt                      Rom, 16. Dezember 1818

Ich habe vorgestern Deinen lieben Brief mit der Einlage
von Alexander empfangen. Alexanders Brief hat mich
eigentlich traurig gemacht. Französisch — mir! Ich
werde ihm künftige Woche antworten, aber deutsch. Jeder schreibt
in seiner Sprache.
Dein letzter Brief ist mir, wie jeder, sehr wichtig und wo-
möglich noch mehr. Du hast indessen den meinigen bekommen
und hast gesehen, wie ich über die Dinge und Verhält-
nisse denke. Ich teile Deine Sehnsucht, aus allen Banden des
Geschäftslebens heraus in schöner, tiefer Einsamkeit das Leben zu

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