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[   Band 6 Brief 157:    Caroline an Humboldt     Rom, 9. Dezember 1818   ]


ich setze sie in immediate Verbindung mit der Nachricht, die Du
mir zum Neujahrsgeschenk *) ankündigst, und die mich tief, tief
traurig gemacht hat. Was wird daraus werden? Sollen denn
ganz unberechenbare Folgen aus der Befriedigung der Eitelkeit
eines Menschen entstehen? Denn ich gestehe Dir, der hat nicht
die Mittel in sich, ein solches Werk zu entwerfen und zu gründen.
Und Keiner hat das. Die Besten sollen es beraten, nicht einer.
Jener legt sein Ministerium nieder, weil er weiß, daß dies hervortritt.
Seine Feigheit ist bekannt und seine namenlose Angst vor dem
Neujahrsgeschenk. Der Scythe **) bekommt das Geschäft, das er
bisher betrieb? Du weißt, ich wünsche, daß Du das übernähmst,
wovon der Scythe jetzt den Namen führt. Gott ist mein Zeuge
daß mich kein eitles Wollen treibt, auch weiß ich, daß Du
Dich auf kein Rosenbett legst, allein ohne eine Stelle der Ar,
fassest Du kein Segel des schwankenden Schiffs. Und doch, wie
Du stehst, kannst Du es auch nicht verlassen. Ja, Du schadest
sogar. Das ist meine Ansicht. Meine Liebe wäre, mit Dir in
tiefer Einsamkeit zu leben und in dem stillen Burgörner, aber es
geht nicht. Ende dies Schwanken. Laß sie nicht alles wieder
ändern und Dich ausschließen. Dein Sein in Frankfurt ist mir
außerordentlich zuwider in diesem Moment. Sie werden Dir kleine
Verhinderungen über den Hals schicken, die Absicht ist, Dich den
ganzen Winter dort zu halten, glaube es mir. Du bist viel zu
gutmütig und traust noch dem, dessen Benehmen ein einziges Ge-
webe von Falschheit, Lüge und Absichten gegen Dich ist. Mich
kann er nicht mehr trügen. In den verschiedenen Projekten Deiner
künftigen Tätigkeit hat er sich mir ganz bloß gegeben. Lauter Dunst.
Und das einzige wahre tiefe, darum auch nie auszugleichende Motiv
ist seine Eitelkeit. Sie ist unersättlich. Das Neujahrsgeschenk be-

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*) Die von Hardenberg entworfene Verfassung.
**) Schuckmann, Minister des Inneren.

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