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[ Band 6 Brief 154: Humboldt an Caroline Aachen, 1. Dezember 1818 ]
Außerdem hat die Gewohnheit, mich täglich zu sehen, seine alte Neigung zu mir wieder hervorgerufen, und er findet mich amü- santer als seine gewöhnlichen Umgebungen. Da ich keinen Schatten der Bitterkeit gegen ihn in der Seele habe, und sogar, wenn ich sie hätte, sie unterdrücken würde, so mag ich ihm diese persönliche Genugtuung nicht versagen. Ich habe denn übrigens gestern das langerwartete Gespräch mit ihm gehabt, was, ob es gleich zu keinem Resultat führen konnte, doch im höchsten Grade merkwürdig war. Nach einer langen Vorrede von seinem Wunsch, mich zweck- mäßig anzustellen, seiner Freundschaft zu mir usf. hat er mir folgende vier verschiedene Anträge gemacht, die natürlich alle im strengsten Geheimnis unter uns bleiben: 1. und am dringendsten, als allein dirigierender Minister die Rheinprovinzen zu verwalten. Ich sollte alles haben außer der Justiz und dem Militär und nur unter dem König stehen. Als Mitglied des Ministeriums sollte ich ein paar Monate im Winter in Berlin sein, dort die allgemeinen Verwaltungspläne mit ver- abreden und dann das übrige Jahr ungestört für mich verwalten. Ich habe ihm meine Einwürfe dagegen gemacht, daß ich eine solche Absonderung einer Provinz nicht ratsam hielte, daß es eher angehen würde, wenn ich mit dem Ministerio einig wäre und Ver- trauen darauf hätte, als so, daß ich, da es nur zu offenbar sei, daß man Mißtrauen gegen mich habe und errege, in ein sehr schlimmes Gedränge kommen würde, vorzüglich aber, daß ich nicht den Mut habe, da ich nie verwaltet hätte, meinen Probeversuch an etwa vier Millionen Menschen und der Hälfte des Königreichs zu machen. Das ist zwar wahr, indes leugne ich nicht, daß mich das gerade auch an dem Plan reizt. Das Eisen zieht immer den Mann an, und ich habe von jeher gern meine Kräfte an Ver- schiedenem versucht. Allein meine Hauptbetrachtung ist, daß an einem kränkelnden Körper kein Glied gesund sein kann, und daß, 396