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[ Band 6 Brief 153: Caroline an Humboldt Rom, 1. Dezember 1818 ]
Du das nicht scheuen. Aber es ist die Bedingung alles Wirklichen, ins Leben tätig Eingreifenden, daß es eine Stufe tiefer als das Ideelle steht. Mit jedem Geisteswerk ist es dasselbe. Kein Dichter drückt das in der Sprache aus, was er fühlt, wovon ihm der Busen schwillt, kein Maler oder Bildhauer stellt durch Marmor oder Farbe das Bild dar, das er in sich getragen. Aber wer das Hohe, Reine, das Vortreffliche erkannt hat, stellt es doch annähernd in dem Geschäft auf, was er auf Erden treibt. Daß ich dagegen ge- wesen sei, daß Du 1817 nach London gingst, erinnere ich mich so unbedingt gar nicht. Ich glaube wohl, der liebe Stein hat das so zusammenkomponiert. Mich dünkt vielmehr, wie die Dinge da- mals lagen, konntest Du es, wenn es sich nicht von selbst durch Deine Tätigkeit im Staatsrat anders machte, nicht umgehen. Morgen hoffe ich auf einen Brief von Dir. Sieh doch ein- mal am Abendhimmel die schöne Zusammenstellung der Venus und des Jupiters an und denke an mich. Ewig mit innigster Liebe Dein. 154. Humboldt an Caroline Aachen, 1. Dezember 1818 Ich glaube, ich schrieb Dir, liebe Li, daß ich gestern von hier abreisen wollte. Der Staatskanzler hat aber seine Abreise bis morgen aufgeschoben, und so bleibe auch ich hier. Er hält darauf, wie er denn dem Kieß *) geradezu gesagt hat, daß er mich vorzüglich der öffentlichen Meinung wegen herberufen hätte, um zu zeigen, daß wir in gutem Vernehmen miteinander ständen. ——— *) Alexander v. Humboldt. 395