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[ Band 6 Brief 150: Humboldt an Caroline Aachen, 24. November 1818 ]
möchte. Ich kann auch nicht sagen, daß es mich gerade zu wissen- schaftlichen Arbeiten ladet, obgleich man sich mit Wissenschaft und Kunst immer beschäftigt, da sie ja nur der erweiterte Kreis aller aus dem eigenen Gemüt springenden Gedanken und Empfindungen sind. Wenn ich wahr sein soll, so zieht es mich bloß zum heim- lichsten, vertraulichsten Leben mit Dir hin, geliebte Seele, zu einem Dasein, das durch nichts Bestimmtes erfüllt wird, scheinbar zu keinem Ziele führt, und in dem doch kein Moment leer und kein Gefühl ohne Frucht ist. Eben bekomme ich durch Bülow Deine zwei Briefe vom 29. und 31. Oktober. Du warst also wieder sehr leidend. Ich habe es Koreff mitgeteilt. . . . Koreffs Stelle über mich ist göttlich. Niemand ist im Gemüt ruhiger und jener Dinge wegen selbst heiterer wie ich. Seit einiger Zeit spricht er nicht mit mir über mich, und ich fange auch nicht an. Vorher in einigen Gesprächen sagte er immer, es sei mir durch des Neuen Ernennung ein ungeheures Unrecht geschehen, das man gutmachen müsse, der, bei dem er ist, sei aber (dies drückte er verdeckter aus) nicht schuld daran, er habe aber zum System immer die Schuld des Ersten auf sich zu nehmen, er sei ganz rein und treu in seiner Freundschaft gegen mich. Darauf habe ich natürlich geantwortet, daß ich gar nicht mich als einen ansähe, dem man Unrecht getan habe, und daß es mit der treuen Freundschaft doch bei diesem Stillschweigen viele Monate hindurch, diesem Inhalt aller Briefe, diesem nicht abzuleugnenden Mißtrauen ein wenig sonderbar stehe, daß mir der, von dem er rede, leid tue, aber daß ich ihm nicht mehr zu helfen wisse. Und so ist es. Es konnten alle Dinge geschehen, wie sie geschehen (über die habe ich nie geklagt), aber er konnte sie offen erklären, offen sagen, daß nicht er, oder warum er so gehandelt habe. Von meiner Seite kehrt das Ver- trauen nie zurück. Ich bin nicht heftig und nicht zürnend, aber ich 389